Beide SPD-Größen sind sich zu Recht einig. Nach dem katastrophalen Wahlergebnis muss man in sich gehen, die Ursachen analysieren und sich neu aufstellen. Dass man aber zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommt, ist verwunderlich, denn die Gründe liegen auf der Hand: In den letzten zehn Jahren sind CDU und SPD kaum mehr unterscheidbar gewesen. Dass die Arbeitsmarkt- und Sozialreformen der späten 90er Jahre die Stammwähler in Hinblick auf Hartz IV und Mini- und Teilzeit-Jobs vergrault haben, ist auch kein Geheimnis. Diese waren damals zwar nötig geworden, sind aber heute angesichts einer florierenden Wirtschaft und sprudelnder Steuereinnahmen nicht mehr im vollen Umfang zu rechtfertigen. Nach dieser Wahl ist nur noch eine aussichtsreiche Position in der deutschen Parteienlandschaft für die SPD erkennbar. Links von der Union, aber rechts von der zu ideologisch aufgestellten Linken. Ja, Ökonomie und soziale Gerechtigkeit schließen sich nicht aus, müssen dann aber auch von der Politik durchgesetzt werden. Die zu stark gewordene Wirtschaftslobby hat die Union und vor allem die FDP fest im Griff. In diesem Kontext hat Martin Schulz mit seiner Kapitalismuskritik recht. Olaf Scholz sollte erkennen, dass Deutschland nicht Hamburg, und Hamburg nicht Deutschland ist.
Thomas Lauer, 97199 Ochsenfurt