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Nicht mehr ernst zu nehmender "Politikerklamauk"
Zum Artikel "Die Schulden sind nicht das Problem" (21.2.) über die griechische Finanzkrise:
Redaktion
 |  aktualisiert: 02.03.2017 03:50 Uhr
Ich frage mich, was sonst das Problem in der seit über 7 Jahren andauernden griechischen Finanzkrise ist. Die Aussage von Finanzminister Schäuble finde ich geradezu grotesk. Aus einem durch immer neue Hilfspakete aufgeblähten Schuldenstand von insgesamt 317 Mrd. (Faule griechische Staatsanleihen in der „EZB-Bad-Bank“ noch gar nicht mitgerechnet), macht Schäuble ein halbes Jahr vor der Wahl, wahrscheinlich auf Geheiß seiner Kanzlerin, einen „guten, harmlosen“ Schuldenstand. Die Schulden Griechenlands sind inzwischen 3 mal so hoch, wie man sie vertraglich zu Beginn des Euros in den „Stabilitätskriterien“ einmal festgelegt hat. Dazu hat sich auch Griechenland verpflichtet. Wie blöde und naiv wird das Wahlvolk doch eingeschätzt.
Diese Zeilen von Schäuble stehen nicht unter der Rubrik „Fasching“, sondern bezeichnend, wie die etablierten Parteien das Thema Schuldentragfähigkeit einiger Länder in der Eurozone zu verniedlichen versuchen. Es stehen ja einige wichtige Wahlen an, und da kommt die Wahrheit nicht gut an. Das Problem ist offensichtlich durch die „Flüchtlingskrise“ in den Hintergrund getreten, aber jetzt hat sie uns mit aller Gewalt wieder eingeholt.
Zu diesem nicht mehr ernst zu nehmenden „Politikerklaumauk“ Griechenland passt auch der kürzlich geschriebene Brief des EZB-Präsidenten Mario Draghi an seine ebenfalls hochverschuldeten italienischen Freunde, dass bei einem Austritt eines Eurolandes, mit dem vereinzelt auch Italiens Eurogegner liebäugeln, die bestehenden Schulden bei der EZB in Eurowährung zurückzuzahlen wären. Das gleiche gilt natürlich auch für Griechenland.
Ich frage mich mit welchem Geld das dann passieren würde. Das hochverschuldeten Griechenland wird jetzt schon zu 100 Prozent durch die EZB über die Rettungspakte mit Geld versorgt, bei Italien und Portugal warnen immer höhere Risikoaufschläge am freien Kapitalmarkt, dass wieder tiefschwarze Gewitterwolken in der Eurozone aufziehen. Die Bankenkrise in Italien, trotz EZB Stresstest und von den Politikern garantierten Mechanismen einer Euro und EU weiten Bankenkontrolle, waren offensichtlich die Zeit und das Geld nicht wert.
Unsere Kanzlerin Merkel und ihr Finanzminister sind leider ökonomisch zu naiv und im Konzert aller Euroländer nicht mehr durchsetzungsfähig, um die Folgen wirklich in ihrer letzten Konsequenz abschätzen zu können. Das fortgesetzte Auszahlen des 3.Hilfspakets, ohne Gegenleistung (zugesagte Reformen und Privatisierungen werden verschleppt und die zögernde Haltung des Internationalen Währungsfonds/IWF weiter Gelder zur Verfügung zu stellen, die man nicht mehr zurückbekommt, ist bezeichnend) zeigt deutlich, wie hilflos man diesem Drama politisch gegenübersteht. Das passt natürlich überhaupt nicht zu bevorstehenden Wahlen.
Wir (die Steuerzahler) haften inzwischen für ca. 100 Mrd. nur für Griechenland, was wir bei einer (sehr realistischen) Pleite dann abschreiben müssten. Die Schulden Griechenlands, wie in diesem Fall von Schäuble zu banalisieren, heißt die Bürger „postfaktisch“ für dumm verkaufen, nicht die richtigen Fakten offenzulegen. In der Hoffnung, es wird schon gut gehen, und wenn nicht, ist es ja auch nicht mein Geld und wahrscheinlich bin ich ja dann auch nicht mehr im Amt.
Hans Gessner, 97074 Würzburg
 
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