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Menschlicher Egozentrismus
Zu den Artikeln „Wie konnte ,Freiheit' zum Kampfbegriff der Raser und Impfgegner verkommen“ und „Ich kann eine Spaltung nicht erkennen“ (10.11.):
Redaktion
 |  aktualisiert: 20.12.2021 02:22 Uhr

Wie konnte „Freiheit“ zum Kampfbegriff der Raser und Impfgegner verkommen?“, fragt Herr Wiedemann. Gute Frage! Seine Antwort: „Freiheit ist kein Recht, das jeder und jede für sich persönlich auslegen kann.“ Dieser „vulgäre“ Freiheitsbegriff diene nämlich nur als Rechtfertigung für rücksichtsloses Handeln. Meines Erachtens ist er Ausdruck eines Egozentrismus von Menschen, die auf Kosten derjenigen Solidargemeinschaft ausgelebt werden kann, gegen die sie sich wendet. Herr Wiedemanns verweist dann darauf, dass „jede Krise ein Brennglas (ist), das Dinge sichtbar macht, die zuvor verborgen lagen“. Er verweist beispielhaft auf die USA, der „Hochburg“ jener egozentrischen Denkweise. Die dort geforderte „größtmögliche individuelle Freiheit“ geht nämlich u.a. einher mit einer Ablehnung von Sozialleistungen und Arbeitnehmerrechten. Wer also dort wegen Corona eine Intensivbehandlung braucht oder Long-Covid-Symptome zurückbehält, riskiert sein wirtschaftliches Überleben, während im Sozialsystem der BRD sich darüber die wenigsten allzu große Sorgen machen müssen. Herr Wiedemann verweist dann auf Kant, für den Freiheit unabdingbar mit Vernunft gekoppelt ist. Dem ist zuzustimmen: Sich nicht impfen zu lassen „aus Trägheit, vager Unsicherheit oder schlichtem Vergessen“ ist ebenso unvernünftig wie rechtsradikales Denken oder esoterisch-linke Verschwörungstheorien (Herr Petersen vom Institut für Demoskopie Allensbach). Auch die eine oder andere Äußerung von an Corona erkrankten Ungeimpften darüber, wie sie jetzt über das Impfen denken, lässt erkennen, dass die Betroffenen im Nachhinein ihr Verhalten wohl als unvernünftig einschätzen. Die aktuelle Krise ist somit nicht unbedingt als Ausdruck einer Spaltung der Gesellschaft zu verstehen (so Herr Petersen), aber eventuell als Ausdruck eines bildungspolitischen Defizits. Nämlich der Fähigkeit, so skeptisch (oder auch empört) zu sein, wie nötig, und so viel Vernunft walten zu lassen, wie möglich – um auf dieser Basis in einen wirklichen Dialog einzutreten, anstatt nur Rechthaben zu wollen! Und natürlich gibt es „Ränder, die sich nicht überzeugen lassen“ (Petersen), die sich einem redlichen (!) Querdenken, das Ausdruck jener Vernunft ist, für die Kant plädiert hat, verweigern.

Winfried Wagner, 97422 Schweinfurt

 
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