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Mal einen Blick nach London werfen
Zum Artikel "Wahlrechtsreform kommt auf den Prüfstand" (14.8.):
Redaktion
 |  aktualisiert: 05.09.2021 02:29 Uhr

In wenigen Wochen wird ein neuer Bundestag gewählt – ohne dass klar ist, ob die Regeln dafür verfassungsfest sind -

bzw. für die Wählerinnen und Wähler ist nicht mehr erkennbar, wie sich ihre Stimme auswirkt und die Bundesrepublik

leistet sich damit eines der größten Parlamente der Welt und dass mehr Abgeordnete zu besseren Gesetzen führen

stimmt leider nicht. Hier wird nicht zum Wohle des Volkes agiert, sondern  die Parteien (Union und SPD) stellen

ihre Interessen über alles.

 

Es stellt sich hier die Frage, wenn schon nach der nächsten Wahl, höchstwahrscheinlich noch mehr

Sitze im Bundestag vergeben und auch noch eingebaut werden müssen, warum muss jeder Abgeordnete über einen eigenen

Platz, also Tisch, Stuhl und technisches Equipment verfügen ? Wenn man sich die Debatten im Bundestag anschaut,

ist in der Regel das halbe – oder noch mehr – Parlament nicht besetzt, außer es geht um Diätenerhöhungen.

Diese Veranstaltung kann man auch in das Olympiastation verlegen – falls der Bundestag noch mehr anwächst.

Aber da unsere Volksvertreter ja finanziell so schlecht ausgestattet sind, müssen sie ja auch noch diversen

“Nebentätigkeiten” nachgehen – obwohl sie folgenden Eid geschworen haben:

 

Ich schöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden vom ihm wenden,

das Grundgesetz und die Gesetze es Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen

und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.

 

Man könnte z.B. mal einen Blick nach London werfen, dass dem House of Commons zwar 650 Members of Parlament angehören,

dass sie jedoch kuschelige Nähe zueinander und zum politischen Gegner haben. Längst gibt es auch nicht für alle Mitglieder

des Unterhauses eines festen Sitzplatz, wenn mal alle da sind, dann stehen sie eben bis zur Tür.

Die politische Debatte ist dadurch deutlich direkter.

 

Dazu kommt noch, dass Gesetze, die für unsere Volksvertreter zu komplex sind, was sie wahrscheinlich immer

sind, dann auch noch von externen und teuren Beraterfirmen, sprich von den Lobbyisten erstellt werden und bei den “Abstimmungen”

gilt dann auch in der Regel auch noch Fraktionszwang, also für was überhaupt Abstimmungen und für was braucht man enorm

aufgeblähte Ministerien ? 

 

In Deutschland besagt das Grundgesetz in Artikel 38 Absatz 1 Satz 2, dass Abgeordnete an Aufträge und Weisungen

nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Damit entfällt der Fraktionszwang im Bundestag, der Abgeordnete

an die Linie der Parteiführung binden soll.

 

Gleiches gilt für Pensionsregelungen, die im Verhältnis zu den Wählerinnen und Wählern als üppig anzusehen sind.

Würden wir uns nicht auch wünschen, dass wir über unsere Altersabsicherung selbst abstimmen könnten – und dies auf Kosten anderer ?

Ein Staat, der seine Parlamentarier mit Pensionen versieht, macht sie zu Beamten, nimmt ihnen genau die Unabhängigkeit, die ein

Schlüssel zur Demokratie ist und beweist eine Mentalität, die ganz sicher nicht geeignet ist, in einer bewegten Zeit

das Überleben der Institutionen zu garantieren. Aber wer möchte schon auf seine üppigen Pensionsregelungen verzichten

und sich durch eine Wahlreform den eigenen Sitz im Bundestag unter dem Allerwertesten wegziehen ?

 

Und dann kommt das große Staunen, wenn sich in der Bevölkerung eine gewisse Demokratiemüdigkeit,

oder auch Wahlmüdigkeit breitmacht und vielleicht “Rattenfänger” in den Bundestag kommen, die

wir sicherlich alle nicht wollen. 

Günter Firzlaff, 97950 Großrinderfeld-Ilmspan

 
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