Wie viele Kriege, wie viele Kämpfe, wie viele Tote hat das Kreuz schon gekostet! Hatten wir nicht alle gehofft, dass es damit vorbei sei, dass die Trennung von Kirche und Staat zur zweiten Natur geworden ist. Für jeden war klar: Öffentliche, staatliche Gebäude sind durch staatliche Symbole ausgezeichnet, mit Fahnen, Plaketten, Hoheitszeichen, während kirchliche Gebäude an Kreuzen, Halbmonden, Kirchtürmen erkennbar sind. Alles das hatte sich durchgesetzt – es bestand kein Handlungsbedarf für Änderungen. Oder doch? Sind sich die Würzburger eigentlich bewusst, dass sie tagaus tagein Zeichen mit Füßen treten, im Wortsinne mit Füßen, nämlich die Stolpersteine, die demonstrieren, wie wenig in Deutschland die hehren, durchs Kreuz symbolisierten Werte den Lebensalltag bestimmt haben? Muss man wirklich daran erinnern, dass in Bayern Dachau und Flossenbürg liegen? Tausende von Schülern haben diese Gedenkstätten durchwandert: Auch das ist Heimat. Auch bei uns hat kein Heimatminister, hat kein Ministerpräsident das Recht, große Töne zu spucken und von unsem abendländischen Erbe zu faseln. Heimat ist etwas, was, wie der Philosoph Ernst Bloch sagte – er hat übrigens mal in Würzburg studiert, lange, bevor man hier das Christliche so vor sich hergetragen und überstrapaziert hat – was noch keiner gesehen hat und was erst noch erkämpft werden will. Soll die CSU, wenn es ihr so wichtig ist, auf eigene Kosten erst mal statt des Kreuzes ein Weihwassergefäß im Eingangsbereich aufstellen – dann kann man wenigstens sehen, woran man ist. Und um der christlichen Nächstenliebe willen wäre es doch nicht unbillig, Herrn Winterkorn in der Staatskanzlei Asyl zu gewähren, mit besonderer Aufwartung durch Herrn Dobrindt, der ihm zu dieser Vergünstigung verholfen hat, ausgleichende Gerechtigkeit für den Whistleblower in Moskau.
Berthold Kremmler, 97082 Würzburg