Geistreich und witzig, pointiert und treffsicher soll eine Glosse sein. Diese Ansprüche erfüllt der Autor in vorbildlicher Weise. Aber bedarf es einer Richtigstellung, was Goethes angeblichen Doktortitel betrifft. Goethe wurde nie zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert. Die Universität Straßburg lehnte seine Doktorarbeit ab, denn sie war den konservativen Professoren zu progressiv. Somit wurde der Dichter auch nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen. Goethe beschritt in der Folge einen leichteren Weg und strebte den akademischen Grad des Lizenziaten an. Dazu stellte er 56 Thesen auf und veröffentlichte sie auf zwölf Druckseiten unter dem Titel „Positiones juris“. Manche dieser Thesen bestanden nur aus einem einzigen Satz. „Servitus juris naturalis est“ (Der Dienst an der Rechtsordnung ist naturgegeben), heißt es z.B. in These 56. Die mündliche Verteidigung seiner Thesen bestand Goethe mit Bravour, seine Leistung erhielt die Einschätzung „cum applausu“ (mit Beifall). Der Dichter verließ die Universität Straßburg, nicht mit einem juristischen Doktortitel, sondern mit dem niedriger angesiedelten akademischen Grad eines Lizenziaten.
Dr. Max-Rainer Uhrig, 97532 Zell