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Im Krieg mit dem Volk
Zum Artikel „Chiles Präsident spricht von Krieg“ (22.10.):
Redaktion
 |  aktualisiert: 08.11.2019 02:11 Uhr

Obwohl sich die Ereignisse in Europa (Brexit, Krieg in Syrien) überschlagen, dringen auch die aktuellen Nachrichten aus Chile über die Medien in unser Bewusstsein. Hierzulande reagieren viele Mitbürger mit Unverständnis, dass vier Cent Preiserhöhung zu einem Volksaufstand mit so viel Gewalt führen kann. Dies ist nur die Spitze des Eisbergs.

Der Anfang reicht zurück in die Zeit der Militärdiktatur Pinochets, der mit seiner Verfassung seine Gefolgsleute absicherte und allen nachfolgenden demokratischen Regierungen scheinbar unüberwindbare Hürden für Änderungen in den Weg legte. Die Schere zwischen Arm und Reich geht dabei noch extremer auseinander als in Deutschland – Mindestlohn bei ca. 350 Euro/Monat bei etwa doppelten Supermarktpreisen im Vergleich zu Deutschland (1 Liter Milch nicht unter 1 €!!). Großunternehmer kaufen auf Basis der Diktaturgesetze Wasserrechte für Avocadoplantagen zum Export nach Europa und China und verwüsten ganze Regionen. Während die Regierung der früheren Präsidentin Bachellet wenigstens noch versucht hat diese Situation zu verbessern - beispielsweise die Einführung des kostenlosen Studiums - verschlimmert der neoliberale Piñera, fünftreichster Chilene und ehemaliger Gefolgsmann und Profiteur von Diktator Pinochet, die Lage unter anderem durch Rücknahme der Ausbildungsförderung, Preiserhöhungen und provokative Sprache.

Piñera steht für die Privatisierung des Landes, vertritt im Wesentlichen die wenigen superreichen Chiles und wird nicht von wenigen der 16 Millionen Chilenen zurecht „Piranha“ genannt. Wie ein Kindergartenkind fühlt sich nun gerade dieser Präsident ungerecht behandelt, scheint völlig handlungsunfähig, reformresistent und spricht auf der Basis von im Wesentlichen noch friedlichen Protesten von Krieg.

Es ist nicht immer klar, wer für all diese Zerstörung verantwortlich ist! In den sozialen Netzwerken werden Bilder geladen, die Polizisten zeigen, die Ampelanlagen zerstören. Vor dem Großbrand in einem Supermarkt in Concepción (zweitgrößte Stadt Chiles) waren kurz vor Beginn des Brandes noch Militärfahrzeuge am Brandort. Nicht wenige Chilenen glauben und befürchten, dass einige dieser Anschläge von Regierung und Militär inszeniert werden, um wieder mit Repressionen über das Land herrschen zu können.

Prof. Dr. Matthias Lehmann, 97204 Höchberg

 
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