Ihr offener Brief an Herrn Dr. Schmitz (RWE) hat mich erbost. Ich kann meinem Ärger am einfachsten dadurch begründen, dass ich Ihnen den Leitartikel von Reiner Burger aus der heutigen Frankfurter Allgemeinen Zeitung anhänge: der Artikel enthält alles an Fakten und Argumenten, was meinen Ärger erklärt. Sie gehören für mich zu denjenigen, die in diesem FAZ-Beitrag als "halbseidene Kampagneros" bezeichnet werden, "die auf ... die einfache Geschichte setzen, in der es nur Schwarz und Weiß gibt".
Entweder haben Sie die Komplexität der Situation dort nicht erfasst oder Sie sind vor lauter Empörung nicht bereit, diese Komplexität emotionslos darzustellen, was die erste Pflicht eines guten Journalisten wäre: Fakten - auch komplizierte - so schildern, daß jeder unvoreingenommene Bürger sie so versteht, wie sie sind. Reiner Burger tut das, Sie taten es nicht, sondern steigerten sich in wütende Ausfälle gegen die angebliche Gier eines Konzerns, der aber völlig im - gerichtlich bestätigten - Rahmen von Recht und Gesetz handelt und der sich vor allem auf feste Abmachungen stützt, die mit allen Beteiligten und zu allererst mit der Politik in NRW getroffen sind.
Die Main-Post will sicher kein populistisches Blatt sein. Deshalb ist das, was Sie in Ihrem Brief schreiben, dem Niveau Ihrer Zeitung nicht angemessen. Ich will in meiner Morgenzeitung Aufklärendes lesen, das auch komplizierte Sachverhalte allgemeinverständlich und vor allem umfassend in all ihren Facetten schildert. Geschieht das nicht oder unzureichend, dann fördert das beim Leser ein Halbwissen, das leicht und schnell zu Fehlurteilen führt. Ihr eher emotional als rational motivierter Brief erfüllt nicht die journalistische Pflicht zur sorgfältigen Recherche und zu nüchternen Analyse, er paßt vielmehr im konkreten Fall genau zum Geschrei der "Fanatiker im Phantasieland", von denen viele auf Gewalt und Gesetzesbruch aus waren und aus sind - was Sie, wenn Sie das nicht unterstützen wollen sollten, wie ich hoffe - dann eben doch tun.
Dr. Diether Steppuhn, 97082 Würzburg