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Grass ist kein Antisemit
Zur Diskussion über die Israel-Kritik von Günter Grass:
Redaktion
 |  aktualisiert: 10.04.2012 19:47 Uhr
Wie schürt man Antisemitismus? Man nehme ein "Gedicht" von Grass, in dem der Autor sich kritisch über die isralische Politik äußert, unterstelle ihm darauf hin SS-Gesinnung sowie eine Verharmlosung der deutschen Schuld in der Nazi-Zeit und unterstreiche dies offiziell, indem man ihm die Einreise nach Israel untersagt. Was passiert jetzt in Deutschland? Der eh im rechten Spektrum lauernde Antisemitismus wird befeuert, die unabhängige Intelligenz des Landes ist verärgert. Plötzlich haben zwei an sich gegenüberstehende Seiten scheinbar dieselbe Meinung: Die einen, die Antisemiten, die sich ohnehin belästigt fühlen, dass man als Deutscher "nichts sagen darf", spüren Oberwasser. Die anderen, die Intellektuellen, die sehr deutlich zwischen Antisemitismus und Israel-Kritik unterscheiden können, sind empört, mit Antisemiten in einen Topf geworfen zu werden. Würde man Grassens Text genau lesen und bei Zweifeln bei ihm noch mal nachfragen, ergäbe sich ein Meinungsbild bei Grass, das zwar anfechtbar ist, aber wahrlich nichts mit Antisemitismus zu tun hat. Aber "man" will keine sachliche Klärung. "Man" sind die Ingenieure und Funktionäre eines Rituals. Das Ritual lautet: Aufgrund der Vergangenheit gibt es ein besonderes Verhältnis zwischen Deutschen und Juden - wer dagegen verstößt, wird geächtet. Nun gibt es wirklich ein besonderes Verhältnis zwischen Deutschen und Juden, weshalb ich persönlich der festen Überzeugung bin, dass man als Deutscher zum Staat Israel genauso zu stehen hat wie Kennedy damals zu Berlin, als er sagte: "Ich bin ein Berliner". Und genau deshalb finde ich es ausdrücklich richtig, wenn Deutschland U-Boote an Israel liefert - aber bitte zur Selbstverteidigung. Das Teuflische an der Sache ist, dass dieses besondere Verhältnis von all diesen Broders, Klarsfelds, Wolffsohns und jetzt Döpfners als Ritual ausgeweidet wird. Und ich weiss bis heute nicht, ob deren Brückenschlag des Grass-"Gedichts" mit Grassens Einziehung als 17Jähriger in die Waffen-SS Ausdruck von diabolischer Bösartigkeit, ritueller Vernebelung, eingebleuter Reflexhaftigkeit, Correctness-Gleichschaltung oder intellektueller Verblendung - oder purer Berechnung ist. Eines ist wohl klar: Diese Auseinandersetzung wird zu einem Antisemitismus-Schub in Deutschland führen, der nicht zu Lasten von Grass geht, sondern zu Lasten der Broders, Klarsfelds, Wolffsohns und Döpfners. Mein Appell geht deshalb an den Zentralrat der Juden in Deutschland und an das israelische Volk: Legt den Apparatschiks in Deutschland das Handwerk, die ihr Süppchen auf dem Herd der deutsch-jüdischen Beziehungen kochen und alles tun, dass die Herdplatte heiß bleibt. Nehmt zur Kenntnis, dass bis auf rechte Antisemiten und den Profi-Anheizern von Antisemitismus die Deutschen ausgesprochen judenfreundlich sind. Schaut, dass Ihr in Israel das Erbe von Jitzchak Rabin fortführt.
Kurt Schäfer, 97855 Triefenstein
 
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