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Es gibt auch landwirtschaftliche Erfolgsmodelle, die ohne Ausrottung von Insekten funktionieren
Zum Leitartikel „Die Bauern sind besser als ihr Ruf“ (27.6.):
Redaktion
 |  aktualisiert: 15.07.2019 02:11 Uhr

Jetzt ist die Katze endlich aus dem Sack: Die Bauern sind für ihren schlechten Ruf gar nicht verantwortlich. Es sind die Städter! Das behauptet zumindest Rudi Wais in seinem Kommentar. Städter hätten „noch nie einen Stall von innen gesehen“ und verstünden deshalb nichts von Landwirtschaft. Sie sind das Gegenteil von Rudi Wais. Was bekämen Städter in den Ställen zu sehen? Das moderne Hochleistungsschwein zum Beispiel. Ihm steht ein Quadratmeter „Lebensraum“ zur Verfügung. Kein Einzelfall, sondern Standard. Es vegetiert mit Tausenden Artgenossen auf glitschigem Spaltenboden. Immer wieder kommt es zu Kannibalismus. Schweine sind intelligente Tiere mit komplexem Sozialverhalten, behaupten Verhaltensforscher. Aber was verstehen die schon von Landwirtschaft? Was verstehen Biologen davon, die den Einsatz von Herbiziden wie Glyphosat für den massiven Artenschwund verantwortlich machen; was verstehen Klimaforscher, die in der Fleischproduktion einen wesentlichen Faktor bei der globalen Emission von Treibhausgasen sehen? Und woher stammt eigentlich das Nitrat im Trinkwasser? Über 40 Milligramm pro Liter sind es in Herschfeld. Verklagt die EU Deutschland etwa zu Unrecht? Sind Grenzwerte nur bürokratische Hirngespinste, die dazu dienen, den Bauern das Leben schwer zu machen? Nein, auf inhaltlicher Ebene trägt Rudi Wais nichts dazu bei, die Kritik an der konventionellen Landwirtschaft zu entkräften.

Andreas Müller, 97616 Bad Neustadt

Ja es stimmt: Nicht alle Bauern sind Giftspritzer, Tierquäler und Klimasünder. Aber es stimmt eben auch, dass ein 110 Kilo schweres Schwein einen Quadratmeter Platz im Stall hat, dass Hecken, deren Pflege der Naturschutz bezuschusst, absichtlich niedergemäht werden. Die intensive Landwirtschaft macht Deutschland zum drittgrößten Exporteur von Lebensmitteln weltweit. Die Landwirte sind unter Druck: Preisdruck vom Handel, weil der Verbraucher angeblich nur 70 Cent für einen Liter Milch zahlen will. Druck, immer größere Betriebe zu organisieren, weil die EU die Großbetriebe mehr fördert. Druck von der Bevölkerung, die Bienenschutz möchte, aber für ein Kilogramm Schweinenackensteak eben nur 2,99 Euro ausgibt. Aber man darf halt auch nicht jedem Druck weichen. Landwirte sind doch bestens organisiert. Das merkt man dann, wenn eine Düngeverordnung auf der politischen Ebene durchgesetzt wird, die so hanebüchen ist, dass die Europäische Union Deutschland dafür verklagt. Warum dann nicht auch Druck ausüben, damit eine andere, umwelt-, tier- und menschengerechtere Landwirtschaft wirtschaftlich wird? Der Bauernverband ist mächtig und 50 Prozent der Bevölkerung fühlt sich immer noch ihrer einstmals bäuerlichen Herkunft verbunden, obwohl nur noch ein Prozent der Arbeitnehmer in der Landwirtschaft arbeiten. Beste Voraussetzungen, um bei Wahlen Agrarpolitik mit anderen Schwerpunkten als höher, schneller, weiter, mehr durchzusetzen. Und es gibt auch landwirtschaftliche Erfolgsmodelle, die ohne Brunnenvergiftung, Bodenvernichtung und Ausrottung von Insekten funktionieren.

Eva Schorer, 97616 Bad Neustadt

 
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