„Bier und Lederhose“, daran muss wohl manch einer denken, wenn von deutscher Leitkultur die Rede ist. Andere fürchten damit einen nationalistischen Ungeist heraufzubeschwören. Oder es stellt sich schlicht die Frage, ob es sich hierbei nicht einfach um einen populistischen Leerbegriff handelt. Das zuvor Genannte ist nur ein Auszug an Gründen, weshalb der Ausdruck deutsche Leitkultur einen umstrittenen Ruf in der medialen Öffentlichkeit hat. Angesichts der neuen Rolle Deutschlands als Einwanderungsland sollten wir uns durchaus fragen, wofür unsere Gesellschaft stehen möchte. Denn wie sonst soll das Aushandeln des gemeinsamen Zusammenlebens funktionieren, wenn man seinen eigenen Standpunkt nicht kennt. Der Verweis auf eine bunte, offene Gesellschaft klingt zwar sehr schön, aber damit ist inhaltlich kaum etwas gesagt. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass einfach jeder sein eigenes Süppchen kocht. Auch eine pluralistische Gesellschaft braucht – für alle – verbindliche Rahmenbedingungen. Hierbei kann das Bewusstwerden ob der eigenen kulturellen Identität ein hilfreicher Richtwert sein. Warum betrachten wir die deutsche Leitkultur nicht als Einladung? Als Einladung zur Demokratie, zur politischen Teilhabe und zum Bürgersein mit allen Rechten, aber auch Pflichten. So gilt u. a. sowohl für Biodeutsche als auch Migranten: Religion steht nicht über dem Grundgesetz, Frauen und Männer sind gleichberechtigt und der Rechtsstaat darf nicht gebeugt werden. Schließlich sind diese Punkte gute Argumente, sich bewusst für ein Leben in Deutschland zu entscheiden.
Jessica Holy, 97070 Würzburg