Die Kämpfe in der Ukraine machen mich persönlich betroffen. War ich doch mit Freunden der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft Düsseldorf mehrmals in dem gastfreundlichen Land.
"Slawische Untermenschen" meinte einst das Naziregim. Das ist untergegangen. Die freiheitsliebende Ukraine findet sich wieder im Kampf um Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Wurde doch schon die Bevölkerung in der Stalinzeit grausam unterdrückt und in eine Hungersnot getrieben. Vor Jahren war ich zu einer Feier um den ukrainischen Nationaldichter Taras Schewtschenko (1814-1861) in der damaligen Zweigstelle der ukrainischen Botschaft bei Bonn/Remagen mit eingeladen, dessen berühmtestes Gedicht eine Kampfansage an Russland war. Der Zeitgenosse Golgos galt als ein Sänger der Freiheit.
Dort lernte ich Generalmajor Wladimir Klitschko kennen den Vater der Boxweltmeister-Brüder. Der Luftwaffengeneral war damals Militärattache der Ukraine in der BRD. Der launige Offizier verstarb leider schon 2011 an einem Krebsleiden. Wahrscheinlich zugezogen bei seinem Einsatz um die Tschernobyl-Atomkatastrophe.
Die Ukrainer sehen sich als stolze Nachfahren der Kosaken, die sich schon früher einen freien Staat erkämpften. 1653 erkannte das Zarenreich die Kosaken "als freies Volk" an.- Putin spricht den Ukrainer ihre Eigenheit ab und agiert jetzt nach dem Spruch "und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein!"
Die Ukraine Grenzland und seit Jahrhunderten Kriegsschauplatz .Tartaren, Russen, Polen, Litauer, Ungarn Deutsche zogen durch das Land und hinterließen ihre Spuren.
Friedlich dagegen die Schönborn-Franken, die ab circa 1728 Transkarpatien, damals ungarisch besiedelten. Fürstbischof Karl-Friedrich von Schönborn (Würzburg/Bamberg) war durch die Unterstützung von Kaiser Karl VI. gegen den aufständischen Ungarn-Fürsten Rakozy II. mit dessen Ländereien belohnt worden.
Bei meinen Reisen lernte ich Lemberg/Lwiw kennen, das noch den Charm Alt-Österreichs ausstrahlt. Die Hauptstadt Kiew ist im Frühling ein Traum inmitten Tausender Bäume. Auf der Krim findet man erstaunt deutsche evangelische Kirchen und Friedhöfe mit Blick zum Schwarzen Meer. In Jalta war MC Donald schon neben der Leninfigur zu entdecken. Und die großartigen Menschen: Ein ehemaliger Kanu-Olympiasieger für die UdSSR lud zu Wodka und Schaschlik ein. Der General des militärisch ausgerichteten Zolls/Finanzpolizei in Irpin freut sich über den Besuch aus Deutschland. Der vormalige Oberst des Geheimdienstes beschenkt den Gast großzügig im Morgengrauen. Die gewaltige Siegerparade zum 9. Mai auf dem Maydan-Platz über Hitler-Deutschland muß man gesehen haben.
Auf einer Insel im Dnjepr wurde nächtlich ums Lagerfeuer getanzt. Mit orthodoxen Priestern parliert und Mönchen in Heiligen Klöstern gebetet. Und nach einer Busfahrt mit Mitgliedern der staatlichen ukrainischen Finanz-Akademie in die Westukraine verrät der kleine freundliche Professor verstohlen, dass sein Vater ein unbekannter Deutscher sei. War doch die Mutter zwangsverschleppt im Deutschen Reich gelandet.
Geschichten ohne ein Ende zu erzählen. So wird es wohl nie wieder werden oder sein zu meinen Lebzeiten.
"Wer am Russen kratzt, erweckt den Tartaren in ihm" so einst Frankreichs Präsident des Gaulle.
Und wer dem Ukrainer seine Freiheit nehmen will, sieht dem Kosaken in ihm entgegen. Tapfer schlagen sie sich in diesen Tagen. Möge ihnen auch Glück beschieden sein.
Walter L Frühauf, 97040 Würzburg