Die Debatte der Altersbegrenzung für eine Landtagskandidatur erscheint überholt, wo doch anhand demoskopischer Entwicklungen in westlichen Ländern die generelle Heraufsetzung des Rentenalters angesagt ist, auf der anderen Seite auch aktive junge und jüngere Wählerschichten gefordert werden. Einerseits ist es in einer lebendigen Demokratie sicherlich unbestritten notwendig, Begeisterung, Ehrgeiz, die Suche nach neuen Lösungsansätzen und Tatkraft in den politischen Gestaltungsprozess einzubringen. Dem stehen Reife, Abgeklärtheit und wachsende Lebenserfahrung des Alters gegenüber. Wie auch persönliche Unabhängigkeit. Mir fällt dabei immer wieder das kluge Wort von Ernest Hemingway ein, die Jugend sei meist so allwissend, dass sie alles wisse bis auf eines: das auch einmal die Alten allwissend waren, bis sie alles wussten.
Zu höheren Ämtern eignen sich vor allem Persönlichkeiten, die in Kombination mit entsprechender Bildung das Allgemeinwohl über den eigenen Vorteil stellen, ethisch-moralischen Grundsätzen verpflichtet sind, die Themen um Arm und Reich, Jung und Alt, gesund und krank, Heimat und Fremde, Flexibilität und Starrsinn aus unmittelbarer Erfahrung kennen. Die Fähigkeit, souverän über den eigenen Zaun zu schauen. Talente zu fördern statt eigener Egoismen. Die Liste der Anforderungen ließe sich noch erweitern. Altersunabhängig kommt es auf den Verstand an. Wo sieht Kolumnistin Gisela Rauch die Altersgrenze guter Fußballtrainer oder Redakteure, was würde sie zu Kandidaturen eines greisen Helmut Schmidt, einer Leitfigur wie Alois Glück sagen, wie sieht sie das immer noch unverzichtbare Potenzial eines Wolfgang Schäuble?
Dagegen sind die geifernden, zuweilen hysterischen Auftritte eines wenig altersmilden Edmund Stoiber bestenfalls von Unterhaltungswert für den Aschermittwoch oder manchen TV-Talk. Er braucht eben vieles noch Zeit zur Reife wie ein guter Wein. Mir tut der universelle Helmut Markwort leid als umsichtiger Moderator, gern gesehen zuletzt im Sonntagsstammtisch des Bayerischen Fernsehens, der er in politischen Niederungen des Wahlkampfs nun nicht mehr sein darf. Doch übersehen wir bitte nicht, das letzte Wort haben die Wählerinnen und Wähler Bayerns im Herbst - gottlob altersunabhängig.
Jochen Freihold, 14052 Berlin