Deutschland ist ausmanövriert worden
Zum Artikel "EZB-Chef Draghi dreht den Geldhahn auf" (7.9.):
In der zdf-Sendung „heute-journal“ vom 05.09.2012 um 21:45 Uhr hat Marietta Slomka (MS) den deutschen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (WS) zur Sitzung der EZB vom 06.09.12 interviewt: MS: „ … Was glauben Sie, wird morgen im EZB-Rat Deutschland überstimmt?“ WS: „Nein. … Ich bin ganz sicher, der EZB-Rat weiß, das Mandat der EZB ist vorrangig auf die Sicherung der Preisstabilität konzentriert. Staatsfinanzierung ist nicht die Aufgabe der Zentralbank.“ MS: „… Der deutsche Bundesbankchef ist ziemlich allein mit seiner Meinung.“ WS: „ … Das glaube ich gar nicht.“ Das Interview offenbarte eine tiefe Skepsis der zdf-Sprecherin, während der Bundesfinanzminister eine Worthülse nach der anderen zum Besten gab. Und wie hat die EZB entschieden? Am Nachmittag des 06.09.2012 gab EZB-Chef Mario Draghi bekannt, dass die EZB wieder Staatsanleihen von Euro-Krisenländern aufkaufe. Erstmals werde es dabei vom Volumen her keine Grenze geben. Schon zwischen Mai des vergangenen und Frühjahr dieses Jahres hatte die EZB griechische, portugiesische, irische, spanische und italienische Anleihen für weit über 200 Milliarden Euro gekauft. Doch das jetzt diskutierte Programm könnte eine viel größere Wucht entfalten, die Summen nach oben schnellen. Im 23-köpfigen EZB-Rat stemmte sich Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, ehemaliger wirtschaftspolitischer Berater von Angela Merkel, als einziger vehement gegen die Massnahmen, wie Draghi öffentlich gemacht hatte, was ungewöhnlich ist. Nach Weidmanns Überzeugung verstösst die EZB mit Anleihekäufen gegen das vertragliche Verbot der Staatsfinanzierung mit Hilfe der Notenpresse. Bedenkenswerte, wegweisende Gedanken von Herrn Weidmann: „In der Geldpolitik geht es um den Ausstieg aus den krisenbedingten Sondermaßnahmen sowie um eine klare Trennung der Verantwortlichkeiten von Geld- und Fiskalpolitik“. (April 2011) „Der Vorschlag Montis läuft auf eine durch die EU-Verträge verbotene Staatsfinanzierung durch die Notenpresse hinaus“. (Juni 2012) Deutschland sprach nicht mit einer Stimme. Jörg Asmussen, Ökonom und SPD-Mitglied, hat als Mitglied des EZB-Direktoriums Draghis Vorhaben unterstützt. Er ist von der Bundeskanzlerin gerne gesehen. Und wieder ist Deutschland ausmanövriert worden.
Dr. Jürg Walter Meyer, 97619 Rödelmaier
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