Diese Erkenntnis ist doch lediglich noch ein weiteres Indiz dafür, wie unsere Gesellschaft „tickt“. Es hat schon etwas von „verkehrter Welt“, müssten doch gerade die Krankenkassen für ihre älteren Mitglieder verstärkt Hilfestellung bieten. Was jedoch will man erwarten, wenn heutzutage Krankenhäuser an die Börse gehen und somit ausschließlich nach wirtschaftlichen Interessen handeln und entscheiden? Eine Aktiengesellschaft ist natürlich in erster Linie ihren Aktionären verpflichtet und nicht den Patienten. Für mich ist das ein Widerspruch in sich! Wie kann überhaupt ein Krankenhaus nach den Regeln eines erfolgsorientierten Unternehmens arbeiten? Weiter geht es dann in den meisten Arztpraxen. Kein Patient kann sich noch darauf verlassen, ob eine angebotene, selbst zu zahlende Behandlung tatsächlich erforderlich ist, oder nur dem Geldbeutel des Mediziners nutzt. Und die Krankenkassen als drittes Glied in dieser Reihenfolge müssen nach dieser Lesart ja geradezu die jungen, dynamischen, gesunden Mitglieder unbedingt an sich binden, um im Wettbewerb bestehen zu können. Die mangelnde Pflege und Betreuung alter Menschen in so manchen Pflegeeinrichtungen will ich hier erst gar nicht erwähnen. Wohl jedoch die vielen Sonntagsreden unserer Politiker, welche diese Zustände wortreich beklagen, aber in altbewährter Manier den Rahmen dafür schaffen, dass sich alles nur noch um Gewinn und Verlustrechnung dreht. Merken wir eigentlich noch, wie menschenverachtend eine derartige Entwicklung ist?
Gerda Schwab, 97424 Schweinfurt
Der Artikel von Herrn Ferber verdient hohen Respekt für den Mut, gesundheitspolitischen Staub aufzuwirbeln und den allmächtigen Kranken- und Gesundheitskassen in ihrer Selbstherrlichkeit den Spiegel vorzuhalten. Seit Jahren kämpfe ich als Hausarzt gegen die Perversion des Gesundheitssystems, in dem Versicherte auf Grund ihrer Jugend, Fitness, Gesundheit, Normalgewicht und guten Erbanlagen für die Gnade, Sport treiben und unbeschwert Freizeitaktivitäten genießen zu dürfen, von den Kassen dafür Belohnungen (Boni!) aus Solidarbeiträgen erhalten. Dabei scheint sich keiner der Rekrutierung dieser Gelder aus den zwangsweise einbehaltenen Beiträgen dieser Versicherten und ihrer Arbeitgeber oder den eigentlich zur Behandlung von Krankheiten gedachten Einnahmen bewusst zu sein. Es ist völlig richtig dargestellt, dass im täglichen Praxisablauf kaum noch ein Reha-Antrag ohne Widerspruchsverfahren in verschärftem Ton durchgesetzt wird, Pflegegradfeststellungen meist auf Unverständnis des Hausarztes und die chronisch Kranken auf die ständig in Form, Farbe und Größe sich ändernden Billigst-Generika reduziert werden, während jüngere Patienten für die Stempel in ihren Bonusheftchen Schlange stehen. Milliardenschwere jährliche „Rückstellungen“ genannte Überschüsse wandern zum Teil offensichtlich unkontrolliert in unsinnige Werbemaßnahmen, ohne sich nur im Geringsten am Einverständnis der Einzahler zu orientieren. Es ist gut, wenn das Bundesversicherungsamt die Missstände des Solidarsystems nun anprangert. Man muss sich aber fragen, warum erst jetzt.
Dr. Wolfgang Herkert, 97084 Würzburg