Das Recht wird zugunsten der Herrschenden gebeugt
Zu den Vorgängen in der Ukraine
Im Frühjahr 1848 erhoben sich die deutschen und europäischen Völker gegen ihre herrschenden Eliten aus Adel und Militär. Ihre Hauptforderungen beruhten auf den Ideen der Aufklärung und den Errungenschaften der französischen Revolution. Überall wurden freiheitlich und demokratisch verfasste Statten angestrebt, in denen dem Einzelnen die Bürger- und Menschenrechte garantiert waren. Noch heute fußt unser Grundgesetz auf diesen Ideen, für die unsere Vorväter und –mütter voll Überzeugung eingetreten sind und zum Teil mit ihrem Leben bezahlt haben. Die Erhebungen der europäischen Völker wurden bis 1849 fast komplett von den herrschenden Eliten niedergeschlagen; die europäischen Völker gingen vor genau einhundert Jahren in die Katastrophe des ersten Weltkriegs. Es folgten die Diktaturen des Faschismus und Kommunismus , in denen persönliche Freiheit und Menschenwürde mit den Füßen getreten wurde, unsägliches Leid über Europa kam und das Recht von den Mächtigen für Ihre Zwecke missbraucht wurde. Und wie sieht es heute aus? Wer die Augen aufmacht, sieht die Diktaturen wieder auf dem Vormarsch. Egal ob es die autokratischen Machthaber in China oder Russland sind, die religiös begründeten Herrschaften des Klerus in Iran und am Golf oder die Herrschaften von Militärs und korrupten Oligarchen in Afrika und der Ukraine - sie haben alle eins gemeinsam: Der Einzelne hat keine verbrieften Rechte – weder auf freie Meinungsäußerung, noch auf ein freies und selbstbestimmtes Leben. Das Recht wird gebeugt zu Gunsten der Herrschenden – notfalls wird der Büttel in Gestalt von Polizei oder Militär benutzt, um Andersdenkende gefügig, mundtot oder sogar tot zu machen. Wie stellen sich unsere deutschen und europäischen Volksvertreter dem entgegen, deren Legitimität sich gerade aus den oben genannten Rechten ableitet? Nun- wir bekommen die Krisendiplomatie heutzutage vom Fernsehen direkt ins Haus geliefert. Hochbezahlte Repräsentanten der EU verhandeln und verhandeln und nichts kommt herum. Wir schwadronieren über mögliche Sanktionen, die wir eventuell ergreifen müssten und die Oligarchen lassen kaltblütig Menschen erschießen oder verschwinden. Oder wir treten leise, weil wir unsere Exporte nicht beschädigen wollen, da sind Menschenrechtler dann doch nicht so wichtig. Und wir selbst? Höchste Einschaltquoten genießt das Dschungelcamp- nicht das Camp auf dem Maidan. Die Demokratie ist in der Krise, weil ein Einzelner vom Weg abgewichen ist- nicht weil in der Ukraine und an den anderen Schauplätzen die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Wir freuen uns über den Medaillenspiegel bei den Putinschen Spielen und verschaffen dem Ansehen, der missliebige Umweltschützer Jahrzehnte mit fadenscheinigen Argumenten ins Gefängnis wirft. Können wir das vor unserem Gewissen verantworten? Wie stehen wir vor unseren Vorfahren da, was werden unsere Kinder einmal über uns denken? Wäre es nicht wichtiger, sich für unsere Wertvorstellungen zu engagieren und couragiert den Despoten entgegenzutreten? Sollten wir dies nicht auch viel stärker von unseren Repräsentanten in Deutschland und der EU einfordern? Sollten wir nicht noch viel stärker diejenigen unterstützen, die für unsere Wertvorstellungen ihr Leben riskieren? Oder überlassen wir den anderen das Feld? Sie werden sich diese Gelegenheit bestimmt nicht entgehen lassen.
Werner Morgen, 97708 Bad Bocklet
Werner Morgen, 97708 Bad Bocklet
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