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Das Argument der „Verteidigung der eigenen Interessen“ ist beliebig und gefährlich biegsam
Zum Artikel „AKK will mehr militärische Optionen“ (8.11.):
Redaktion
 |  aktualisiert: 30.11.2019 02:11 Uhr

AKKs Forderungen nach „mehr militärischen Optionen“ für die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind nicht neu. Bereits 2002 behauptete der damalige SPD-Verteidigungsminister Peter Struck, Deutschland müsse „seine Interessen am Hindukusch verteidigen“. In der Folgezeit wiederholten dies weitere Minister, sogenannte Sicherheitsexperten und auch Ex-Bundespräsident Gauck, als er auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2014 ein weltweites Engagement Deutschlands einforderte. Wenn AKK nun von „globalen Interessen“ spricht, meint sie in erster Linie jene des Kapitals. Diese Krake beansprucht für sich die „Freiheit des Weltmarktes“, egal, ob bei der „Verteidigung der Freiheit der Meere“ im Indopazifik, bei angeblichen Anti-Terror-Einsätzen in Mali oder bei den inzwischen circa 15 „Missionen“ in Afrika, im Nahen Osten, in Südeuropa oder im Mittelmeer, an denen deutsche Streitkräfte aktuell beteiligt sind. Die „Logik des Militärischen“, ja dessen Primat, wird nicht nur denkbar, sondern inzwischen auch machbar. Es gilt, die Bevölkerung – bei unserer „Größe“ und „Kraft“ – auf kommende Wirtschaftskriege vorzubereiten. Wie wird diese aber reagieren, wenn die „Särge für die Freiheit des Westens“ hier abgeladen werden?

Georg Hanna-Keller, 97270 Kist

Rechtliche Grundlagen deutscher Verteidigungspolitik sind selbst für Laien bei der Bundeszentrale für politische Bildung gut nachlesbar. Die Beschränkung des Bundeswehreinsatzes auf Verteidigung des eigenen Territoriums ist demnach 1994 höchstrichterlich aufgeweicht worden, was zumindest fragwürdigen Auslandseinsätzen deutscher Soldaten Tür und Tor geöffnet hat. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr leiten sich zwar von einem internationalen Mandat der VN, der Nato, der EU oder aus einem Bundestagsbeschluss ab. Doch hier werden seit Jahren Grenzen verschoben, in wohlfeilen Dosen, die keinen Protest hervorrufen. Das Argument der „Verteidigung der eigenen Interessen“ ist beliebig und gefährlich biegsam. Wir verteidigen keine Werte, Frieden, Demokratie oder sonstige Alibi-Narrative. Wir verteidigen Kapital- und Hegemonialinteressen und unsere eigenen Wettbewerbsvorteile auf Kosten von anderen; wir dienen uns dem System an, das Menschen und Umwelt an die Wand fährt. Die Propaganda der militärischen Option unter dem Vorwand der Bedrohung von außen schleicht sich immer mehr in die internationale Politik ein. Bundespräsident Köhler musste einst seinen Hut nehmen, als ihm der Verweis auf die Verteidigung der Eigeninteressen statt der üblichen Sprechblasen herausgerutscht ist. Heute ist aus damals Unsagbarem Normalität geworden, und zu dieser Verschiebung braucht es nicht einmal den rechten Rand im politischen Spektrum.

Eva Peteler, 97080 Würzburg

 
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