zurück
Auswirkungen des Priestermangels werden verharmlost
Zur Berichterstattung über den Priestermangel in Deutschland:
Redaktion
 |  aktualisiert: 30.09.2016 03:49 Uhr
Die Worte unseres Herrn Generalvikar  sowie des ZdK-Präsidenten  hinsichtlich des absoluten Tiefpunktes bei der Anzahl der Priesterweihen im Jahr 2015 haben mich ermuntert diesen Brief zu schreiben - wohlwissend, dass dadurch keine Änderung eintreten wird. Denn meiner Ansicht nach werden die Auswirkungen des Priestermangels in Deutschland von offizieller Seite seit Jahren verharmlost und schöngeredet. Bei manchem Gemeindepriester fühlt man sich als Ehrenamtlicher und für ein Pfarreileben Engagierter von der Kirche im Stich gelassen. Natürlich und Gott sei Dank gibt es viele in- und ausländische Priester, die sich Tag für Tag für den Glauben verzehren („der Eifer für dein Haus verzehrt mich ...“) und in ihren Gemeinden gewissenhaft für die ihnen anvertrauten Gläubigen arbeiten. Es gibt aber inzwischen auch viele in- und ausländische Priester, die entweder ihre „Berufung“ nur noch als sicheren Beruf verstehen oder aber aus den unterschiedlichsten Gründen heillos überfordert sind. Vertreter dieser Gruppe wehren sich mit Händen und Füßen gegen jegliche Mehrarbeit und hinterlassen bei den Gläubigen den Eindruck, dass ihnen die Pfarrgemeinde vor Ort im Grunde völlig egal ist. Dass solche Erfahrungen kein Einzelfall sind, beschleunigt den ohnehin dramatischen Niedergang unserer Pfarrgemeinden erheblich. Der Priestermangel war vor Ort und vor allem in der Peripherie noch nie so spürbar wie heute – und das, obwohl die Kirche in Deutschland noch nie so viele hauptamtliche pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte, die Pfarrgemeinden noch nie auf so viel ehrenamtliches Engagement zurückgreifen konnten wie heute. Solche positiven Indikatoren stellen meiner Ansicht nach nämlich nicht mehr als ein Zehren von schwindenden Ressourcen dar, die versuchen, die Lücke zu füllen, die die Kirche auf ihrem Rückzug hinterlässt. Vieles, was bereits verloren gegangen ist, werden wir nicht mehr zurückholen können. Wenn im Zuge der anstehenden Reformen die Pfarreien vor Ort aufgegeben und das Heil in großen Pfarrgemeinschaften gesucht wird, dann sehe ich schwarz für unsere Kirche in Deutschland. Für die Chance auf eine Trendwende brauchen wir überzeugte und überzeugende Priester und eine positive Zukunftsvision. Auch wenn dieser Kritikpunkt kein neuer ist, so fragt man sich als Betroffener doch immer wieder, warum die Kirche in der gegenwärtigen Lage krampfhaft am scheinheiligen „Zölibat“ festhält. Priester, die heimlich eine Frau oder sogar Kinder haben, können ihr Amt problemlos weiter ausüben. Priester, die ehrlich sind und zu ihrer Partnerin stehen, werden unverzüglich suspendiert, ja im wahrsten Sinne des Wortes auf die Straße gesetzt. Dabei handelt es sich bei diesen Priestern häufig um anerkannte Persönlichkeiten (was ja auch das ehrliche Bekenntnis zur Partnerin bezeugt), die ihrer Berufung auch mit einer Familie gerecht würden. Wenn einige der wegen dem Bekenntnis zu einer Frau verstoßenen Priester zurückkämen, bewährte Diakone und viele der ja wie ein Priester ausgebildeten Pastoralreferenten geweiht würden, wäre vielleicht noch manches zu retten. Aber die Überforderung der willigen Priester durch immer größere Pfarreiengemeinschaften und die Rücksichtnahme auf Priester, die ihrem Auftrag oder ihrer Berufung nicht gerecht werden wollen oder können, ist wahrlich kein Rezept für eine Kirche mit Zukunft. Mögen sich die Verantwortlichen endlich der Realität und den tatsächlichen Gegebenheiten stellen und entsprechend der immensen Herausforderungen auch handeln. Es ist wirklich fünf vor zwölf und der Hunger nach Religion in einer sich dramatisch verändernden Welt ist nicht kleiner, sondern größer geworden. Dass jeder, der seine Berufung glaubwürdig lebt, auch in der heutigen Gesellschaft Anerkennung findet, zeigt die weit über die katholische Kirche hinaus zu findende Achtung vor unserem Heiligen Vater.
Norbert Götz, 97276 Margetshöchheim
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Ausländer
Geistliche und Priester
Leserbriefe
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • L. W.
    treffen den Nagel auf den Punkt. Ich glaube nur nicht mehr, dass die alten Männer an der Spitze der Kirche, wie Gerhard Ludwig Müller, das noch verstehen werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten