Herr Hoeneß geht in den Knast und macht aus der Not eine Tugend. Er und seine politischen und wirtschaftlichen Freunde sind an weiterer Aufklärung nicht interessiert. Warum auch? Außerdem soll eine höchstrichterlichere Entscheidung zum Thema Selbstanzeige und Strafbefreiung vermieden werden. Dafür entdecken Erwin Huber und Edmund Stoiber den Resozialisierungsgedanken.
Wolfgang Tast, 97084 Würzburg
Jetzt ist also das Urteil gegen Uli Hoeneß rechtskräftig. Schade eigentlich. Jetzt, wo es gerade spannend wurde. Jetzt, wo ich so kurz davor stand, zu erfahren, wie es möglich ist, auf legalem Weg binnen Kurzem aus 20 Millionen 170 Millionen zu machen. Ich hätte so gerne gewusst, wie das geht, wie man Dukaten kackt. Ausgerechnet jetzt hört der Staatsanwalt auf, weiter zu forschen und das Geheimnis des Goldesel-streck-dich bleibt im Verborgenen. Aber ich höre auch eine innere Stimme, die mir flüstert, „hier müsste doch irgendwo ein Haken sein“. Kein Haken? In diesem Fall gehört Hoeneß nicht in ein Gefängnis, sondern ins Finanzministerium. Dann läsen wir in der Zeitung „Hoeneß saniert Rentenkassen“ oder „Hoeneß nimmt sich Staatsverschuldung zur Brust“. Leider leben wir nicht mehr in den Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat.
Bernie Conrads, 97957 Wittighausen
Das ist ein Fest für die Medien. Wie viele Seiten sind darüber geschrieben worden. Von allen Seiten beleuchtet. Und es wird Filme geben und Bücher. Hoeneß wird selbst dazu schreiben lassen. Es wird ihm nicht schlecht gehen dort. Es wird auch nicht weiter nachgeforscht werden. Es gibt auch keine Anfechtung durch die Staatsanwaltschaft, obwohl der Ansatz des Staatsanwalts „ein besonders schwerer Fall“ im Gegensatz zum Urteil, das in dieser enormen Steuerhinterziehung keinen „groben Eigennutz“ sieht, der höchstrichterlichen Abwägung bedürfte. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Abgesehen davon, dass das nicht durchzusetzen ist, schon der Blick auf die Reaktionen auf das Urteil zeigt den brutalen Klassenunterschied zwischen den kleinen Gaunern, die natürlich stets in grobem Eigennutz handeln und einfach verknackt werden, und den Gentleman-Kriminellen, denen auch von den Spitzen der Gesellschaft großer Respekt dafür gezollt wird, dass sie die Strafe annehmen. Und landauf, landab werden wir in den Blättern vom Seelenzustand des erlauchten Knastologen unterrichtet werden. Gleichheit vor dem Gesetz: Da kommen einem die Tränen. Literweise.
Helmut Försch, 97078 Würzburg