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Zitate von Nazi-Größen sind in kritischer Auseinandersetzung mit der Geschichte gerechtfertigt
Redaktion
 |  aktualisiert: 20.05.2012 19:39 Uhr

Schwierige redaktionelle Entscheidungen betreffen oft die Zeit des Nationalsozialismus. Die will in Veröffentlichungen stets bewusst aufgearbeitet sein. Dafür spricht ein Beispiel, das zu Leserkritiken geführt hat, die ich für berechtigt halte.

Im Januar war in einer Zitatensammlung in der Kolumne des Zapper-Philipp ein Satz von Adolf Hitler zu lesen. Ein Leser reagierte darauf so: „Alleine, dass ein Zitat eines der größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte neben Zitaten von Leuten wie Christian Morgenstern oder Marie von Ebner-Eschenbach erscheint, macht mich nachdenklich.“ Er fürchtet, dass nur durch die Erwähnung Wasser auf die Mühlen ewig Gestriger gekippt werde. Einem Journalisten, so schreibt der Leser, der zu Recht meist sehr süffisant irgendwelche seltsamen TV-Sendungen kritisiere (siehe Zapper-Philipp), sollte man auch dabei mehr Fingerspitzengefühl zutrauen.

Ich stütze diese Meinung, sehe sie sogar als Auftrag an den Journalismus. Zitate Hitlers oder anderer Nazi-Größen sollten nur erscheinen, wenn sie eingeordnet sind, indem man sich mit der Geschichte und den Massenmördern auseinandersetzt. Dann sind sie auch mahnende Erinnerung. Medien erreichen schließlich nicht nur Menschen, die noch ausreichend in der Lage sind, das Schreckensregime jener Jahre zu begreifen. Das birgt die Gefahr in sich, dass alleinstehende Zitate verharmlosen. Und laut Studie der Friedrich–Ebert-Stiftung (2010) findet jeder Zehnte, dass der Nationalsozialismus auch gute Seiten hatte.

Nun war neben der kritisierten Zitatensammlung fast die gesamte Seite eine kritische Auseinandersetzung mit dem verqueren Kunstverständnis der Nazi-Machthaber („Kunst im Sinne Hitlers“). Darüber ließ sich der Abdruck der Hitler-Aussage, dass nur der zur Kritik berechtigt sei, der eine Aufgabe besser lösen könne, gerade noch rechtfertigen. Eine Einordnung dieses vordergründig belanglosen Hitler-Zitates vermisse ich aber in den Beiträgen vom Januar.

Von diesem Zitat zum kritischen Artikel über die Nazi-Kultur war kein Bezug hergestellt. Das hat auch die Redaktionskonferenz bei der täglichen Blattkritik so gesehen. Ein direkter Zitat-Zusammenhang bestand dagegen mit Aussagen von Literaten und Wissenschaftlern. Das kann zu unnötigen Missdeutungen verführen.

Auch der Kölner Medizinprofessor Gerhard Uhlenbruck war im Januar zitiert. Er steht auch für philosophische Gedanken wie den: „Bevor man seine Bedenken äußert, sollte man seine Äußerungen bedenken.“ – Darum habe ich mich bemüht.

 
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  • gerade Meinungsfreiheit ist das größte Gut, was wir haben, dazu muss man auch das alte Tabu des Nationalsozialismus aufweichen. Richtig angebracht sind sowohl Vergleiche mit diesen Persönlichkeiten aber auch Aussprüche dieser Zeit ganz okay. Es geht ja nicht darum, diese Zeit gut zu heißen, sondern Elemente dieser Zeit einzubinden, um bildlich eine bessere Erklärung zu tätigen. Nicht alles, was damals gesagt wurde, war ohne Sinn, es wurde leder als volksverhetzend eher deklariert, weil einer dieser Größen auch mal mit einer Rede den Nagel auf den Kopf traf. Viele Zitate sind zeitlos, und nur weil ein Himmler oder Goebbels es sagte...warum sollte dieses Zitat schlecht sein. Das Schlechte wurde lediglich in den Jahrzehnten bevor nur angedichtet.
    Man muss mut zum schreiben haben und nicht nur zum Denken in den keller gehen. Ich sehe darin absolut keine Perversion darin, da ich selbe alles mögliche literarische heranhole, um entweder parallelen zu ziehen oder vergleiche halt.
    deshalb zumindest für meine begriffe war dieses leichte sorry in ihrem artikel überflüssig,allerdings für andere aufklärend, weil diese immer noch i einer tabuzone leben oder das typische gutmenschentum die sich als moralapostel der welt aufspielen.
    bezüglich diesem thema, denke da sollte die MP auch mehr Mut zeigen, da ist sie noch mehr als ängstlich.
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