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Über die Folgen eines Schönheitsfehlers in einer emotionalen Sportreportage
Nachrichten, die sich als falsch erweisen, müssen unverzüglich richtiggestellt werden, fordert der Deutsche Presserat von Printmedien. Die Leitlinien unserer Redaktion wollen aber mehr: „Wenn uns Fehler unterlaufen, so geben wir diese offen zu, stellen sie richtig und entschuldigen uns (...).
Leseranwalt       -  Leseranwalt Anton Sahlender.
| Leseranwalt Anton Sahlender.
Redaktion
 |  aktualisiert: 03.06.2012 18:34 Uhr

Das bezieht sich nicht auf Meinungen und Interpretationen, manches Mal aber auf Rechtschreibfehler. Vor allem aber geht es um nicht haltbare Tatsachenfeststellungen. Der Kultur einer Richtigstellung widme ich mich, weil ich kürzlich die Gefühle von Lesern nachvollziehen durfte, die sich von einer Übertreibung, hier im Sportteil, betroffen fühlen. Dazu muss man wissen, dass ich früher Wasserball gespielt habe.

Der Anlass: Zu Recht gefreut hat sich in einem Bericht (16. Mai) über den Viertelfinal-Sieg der Würzburger Baskets im Basketball-Play-off gegen ALBA Berlin vor mehr als 3000 begeisterten Zuschauern ein Baskets-Manager, und zwar über „den größten Erfolg, den Würzburger Basketballer jemals errungen haben“. Übertrieben hat der Berichterstatter, der ihn überbot: „Dieses Halbfinale, es ist schon jetzt nicht nur der größte Erfolg Würzburger Basketballer, sondern Würzburger Ballsportler überhaupt.“ Das ist ein Schönheitsfehler in einem lebendigen Bericht. Ich habe ihn kritisiert, weil beispielsweise Würzburgs Wasserballer in den 70er Jahren dreimal das Finalturnier des Europapokals der Landesmeister erreichten.

Ein unverzüglicher redaktioneller „Einwurf“ in der folgenden Ausgabe (18. Mai) würdigte ausführlich solche und weitere Erfolge. Man las aber auch, „vielleicht fehlte dieser Aussage (vom größten Erfolg aller Würzburger Ballsportarten überhaupt) ein Wörtchen wie 'gefühlt‘ oder 'emotional‘.“ Was heißt vielleicht? Es fehlte! So wurde es mehr eine Rechtfertigung als ein Fehler-Bekenntnis.

Dass „mit flinker Feder live aus der Halle heraus“ berichtet wurde, wie in dem Einwurf zu lesen ist, verdient Anerkennung und stimmt nachsichtig. Sport-Reportagen dürfen gerne etwas emotional ausfallen.

Von internationalen Wasserballerfolgen war ich in den 70ern auch emotional berührt. Heute bin ich Freund des hochklassigen Basketballsportes. Die Gefahr jener Übertreibung besteht aber darin, dass sich andere Ballsportarten abgewertet fühlen können, wenn sie nicht als Fehler eingestanden wird. Auch wenn es nicht so gemeint war: Nach dem „Einwurf“ sehe ich mich als Kritiker „gefühlt“ in die Rolle eines Lesers gedrängt, der eine Aussage nicht begriffen hat.

 
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  • Als Beispiel möchte ich hier mal, weil ich es selbst hatnah erleben durfte, die großen Zeiten des Würzburger Fußballs anführen. Der FV 04 stieg aus der damaligen drittklassigen Bayerliga als zweitplazierter in die zweite Liga Süd auf, weil der Meister Wacker München verzichtete und nutzte seine Chance, indem er mit gestandenen Profis aus der Bundes- und zweiten Liga einige Jahre ganz gut mit den Großen der Liga (z. der Zeit zeitweise u.a. FCN, VfB, 1860, KSC) mithielt, bis der Konkurs ihn ereilte. Die Kickers stiegen kurz darauf als Meister mit einer Mannschaft auf, die ausschl. aus Spielern der Region bestand, scheuten aber das Risiko, rechtzeitig in die Mannschaft zu investieren und stiegen sofort wieder ab (unvergessen bleibt mir - obwohl selbst eigentlich FCN-Fan - das 2:0 gegen den FCN vor mehr als 10.000 Zuschauern am Dallenberg. Frage: Wer war nun der bessere? Der FV 04, weil er länger "oben" blieb" oder doch der Meister Kickers?
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  • antonsah
    ... sie dürfen für sich entscheiden, welche Mannschaft für Sie die beste gewesen ist. Im Medium könnte man es in einem Meinungsbeitrag mit nachvollziehbarer Begründung ebenfalls tun. Als Tatsachenfeststellung wirds dort halt problematisch...
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • (in de 70er) - und davon geh ich mal aus - , dann wisse se, was er (das is der, der nicht alles glaubt;-) ), meint: Objektiv g´sehe ware die 04er die bessere, weil se länger in der zweite Lige g'spielt ham, aber als "WÜRZBURGER Mannschaft" ware's m.E. die Kickers mit Spieler aus Wü, Eibelstadt, Gössenheim, Lauda und m.W. der weiteste kam aus Rieneck - oder so grinsen Erst dann kam - traurig zu spät - "Emma"! Ähnlich war's bei de damaliche WÜRZBURGER Wasserballer!
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  • Ich gratuliere Ihnen, Herr Sahlender, wenn Sie diese Woche keine größeren Klagen Ihrer Leser zu bearbeiten haben. Mit den sog . "größten Erfolgen" ist es halt immer so ne Sache: Manche werden in der Rückschau überhöht (nach dem Motto "früher war alles besser") und manche gehen halt aus unerklärlichen Gründen unter. Und bei den "Würzburger" Ballsportarterfolgen sollte man auch immer berücksichtigen, ob die Mannschaft aus Würzburger bzw. heimischen Spielern bestand oder "eingkaufte" Stars den Erfolg garantierten (was ich hier aber weder für die damaligen Wasserballer, noch für die aktuellen Basketballer näher beleichten möchte).
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  • ...gerade dies sind doch die gängigen "Arbeitsmethoden" der Presse, ich verstehe diese ganze Aufregung nicht. Oftmals will man mehr Hedonismus verteilen.
    Pessimismus und Realismus sind oftmals beim Leser abstossend. Die heile Welt muss suggeriert werden. Der Leser will es so.
    Nicht nur beim Sport, sondern auch bei Lokalpolitik, da wird doch mehr instrumentalisiert, dass sich sogar in der Redaktion die Balken biegen.
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