Dazu ein Fall jüngeren Datums vor dem Presserat: Der „Berliner Kurier“ berichtete in seiner Online-Ausgabe (www.berliner-kurier.de) über den Auftakt des Prozesses gegen die mutmaßlichen Mörder von Dominik Brunner, der an einer Münchener S-Bahnstation von zwei Jugendlichen zu Tode geprügelt worden war. In Überschrift und Text des Berichtes war dabei schon zu diesem Zeitpunkt von „Mördern“ die Rede. Das wurde in einer Beschwerde an den Presserat, der auch zur Selbstkontrolle der Online-Portale von Printmedien beiträgt, als Vorverurteilung angeprangert.
Dieser Beurteilung schloss sich der Presserat nicht an. Er verwies auf seine Richtlinie 13.1., die zwar festhält, dass nicht vorverurteilt werden darf, aber auch wörtlich sagt:
„Die Presse darf eine Person als Täter bezeichnen, wenn sie ein Geständnis abgelegt hat und zudem Beweise gegen sie vorliegen oder wenn sie die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat. In der Sprache der Berichterstattung ist die Presse nicht an juristische Begrifflichkeiten gebunden, die für den Leser unerheblich sind.“
Der Presserat hat in seiner Begründung das Wort „Mörder“ deshalb als Synonym für „Todesverursacher“ bezeichnet. Für Leser sei die Tatsache von Interesse, dass die beiden Angeklagten den Tod von Dominik Brunner verursacht haben. So durfte dies zu diesem Zeitpunkt – unabhängig von der Frage nach weiteren Todesursachen – auch berichtet werden. Siehe auch www.presserat.de (0503/10/2-BA).
Damit unterstützte der Presserat das Argument des Berliner Kuriers, dass es für den Durchschnittsleser, der juristischer Laie sei, nur darum gehe, dass ein Mensch getötet wurde, gleich auf welche Art und Weise. Mit den juristischen Unterscheidungen von Mord und Totschlag sei er nicht vertraut.
Inzwischen hat das Gericht bekanntlich die beiden Täter wegen Mordes verurteilt, und zwar im Rahmen des Jugendstrafrechtes.
Um Missverständnisse zu vermeiden und zur Präzisierung, scheint mir noch ein Grundsatz aus der Presserat-Richtlinie 13 wichtig, weil er die Verantwortung für Medien betont:
„Ziel der Berichterstattung darf in einem Rechtsstaat nicht eine soziale Zusatzbestrafung Verurteilter mit Hilfe eines 'Medien-Prangers' sein. Zwischen Verdacht und erwiesener Schuld ist in der Sprache der Berichterstattung deutlich zu unterscheiden.“
"Zwischen Verdacht und erwiesener Schuld ist in der Sprache der Berichterstattung deutlich zu unterscheiden."
Die Leser sind vermeintlich zu blöd, um zwischen Mord und Totschlag zu unterscheiden, man traut ihnen aber zu, die Feinheiten zu dechiffrieren, wenn es um Tatsache oder Verdacht geht!
Tatsache ist, dass es nicht wenige Journalisten gibt, die andienend alles aufsaugen, was ein Staatsanwalt oder sonstiger "Würdenträger" in den Block diktiert.
Tatsache ist auch, dass die Medien maßgeblich Mitverantwortung dafür tragen, dass halb Deutschland sich von entlassenen Sicherungsverwahrten u.ä. "bedroht" fühlt.
Diesbezüglich muss ich aber auch den Medien wenig Flexibilität ankreiden, denn man könnte oft auf lateinische Begriffe oder aufs Englisch ausweichen.
targeted killing? - gezielte Tötung
Auch mir ist bewusst, dass Mord und Totschlag offiziell als zwei verschiedene Delikte in der Rechtssprechung gelten, wobei am Ende doch ein Richter das Ermessen haben darf, eines davon bei der Urteilsfindung anzuwenden. Allerdings sind auch Richter nur Menschen, die auch hierin von einer Fehlerquote nicht verschont werden.
Fakt ist, dass man es wirklich nicht so eng sehen sollte, denn wenn man jedes Wort zu 100% korrekt anwenden muss, da werden gerade den Autoren mehr als die Köpfe rauchen,weil die vom Nachschlagen nicht mehr wegkommen.
Im Jargon ist, ich denke, dass ich im Namen vieler spreche, schon jemand ein Mörder,der bewusst den Tod eines Menschen in Kauf nimmt.
Natürlich sollte man dieses aus ethischen und Respektgründen bitte nicht auf die Politiker beziehen, wenn diese Soldaten ins Ausland schicken, denn einerseits müssen die auch damit rechnen, das viele der Soldaten auch dabei als Zielscheiben deklariert werden bzw. auch (un)bewusst Zivilisten töten. Bei Politikern muss man denen die Immunität durch das Bigotteriegesetz zusprechen.