Ich berichte heute in eigener Sache. Des besseren Verständnisses wegen beginne ich mit einigen Sätzen über die Medien-Selbstkontrolle, die zur Wahrung der Unabhängigkeit notwendig ist. Die ginge verloren, würden etwa staatliche Stellen Medien kontrollieren. Um ihrer Freiheit willen drängt es sich auf, dass die Kontrolle aus Verlagen und Medienhäusern selbst kommt. Eine bessere Alternative ist nicht sichtbar.
Folglich gibt es als Beschwerdestelle für Leser von Printmedien den Deutschen Presserat, getragen von den Bundesverbänden der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger, dazu von den Journalistenverbänden.
Aber es existiert eine weitere, weltweit verbreitete Selbstkontrolle. Es sind fast 100 Presse-Ombudsleute einzelner Medien. Zu ihnen zähle auch ich in meiner Rolle als Leseranwalt. Viele Jahre war ich bundesweit der Einzige. Aber in den letzten Jahren habe ich Kolleginnen und Kollegen in anderen Medienhäusern bekommen – gegenwärtig noch acht. Sie sind Anwälte der Leserschaft, damit auch der Pressefreiheit. Sie achten auf Einhaltung gesetzlicher und berufsethischer Standards. Sie fördern die Diskussion über Leistungen und Fehlleistungen in den Redaktionen und machen diese den Lesern transparent, ebenso wie Grundlagen journalistischer Arbeit.
Nun haben wir bei einem Treffen im Hause der „Frankenpost“ in Hof (siehe Foto), an dem sechs Ombudsleute teilnahmen, eine Vereinigung der deutschen Medien-Ombudsleute ins Leben gerufen. Hilfe gewährte in dieser „Geburtsstunde“ Janina Führ, Juristin beim Deutschen Presserat. Als Dienstältester habe die Ehre, nun Sprecher der Vereinigung zu sein. Die Ombudsleute, die auch Leseranwalt oder Leserobmann heißen, wollen sich gegenseitig mit ihren Erfahrungen unterstützen. Sie werben aber auch dafür, dass mehr Medien solche Vermittler benennen.
Studien aus den USA zeigen, dass sich Ombudsleute positiv auf Glaubwürdigkeit und Qualität der Zeitung auswirken. Oder – so schrieb Brent Cunningham vom Columbia Journalism Review – „sie helfen, die Presse für Durchschnittsleser zu demystifizieren“. – Aber urteilen Sie selbst.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Anton Sahlender, Leseranwalt
Es geht um die Frage, in welchem Umfang und wie aus einer öffentlichen Gerichtsverhandlung über Umstände berichtet werden darf, die das Persönlichkeitsrecht von Prozessbeteiligten berühren könnten.
Übersetzt heißt das: Künftig könnte es für Journalisten riskant sein, aus einer öffentlichen Hauptverhandlung genau zu berichten. Bislang wurde nur immer wieder mal diskutiert, ob Namen von Zeugen genannt werden dürfen oder nicht. Die Erörterung strittiger Sachverhalte in der Hauptverhandlung fiel bislang nicht unter solche Einschränkungen.
Dass Gerichtsreporter berichten und nicht richten sollen - das ist Konsens. Auffällig ist aber, darauf hat der Sozialdemokrat Gustav Radbruch, Justizminister in der Weimarer Republik schon vor mehr als achtzig Jahren hingewiesen, dass die Berichterstattung aus den Gerichtssälen oft Journalisten anvertraut werde, denen man ansonsten höhere Aufgaben nicht zutraue.
Heute leisten sich nur noch die großen Tages-und Wochenblätter und die großen Sender hauptamtliche Gerichtsreporter. Ansonsten sieht es vielerorts düster aus. In vielen Lokalredaktionen sei Gerichtsberichterstattung "immer noch die Anfängerpiste für Volontäre und Freie" heißt es in einer Studie, die vor einigen Jahren erschien, aber vermutlich noch immer Gültigkeit hat.
Wenn aber die Unerfahrenen oder die letzten Rädchen im Getriebe einer Lokalredaktion über die komplizierten Sachverhalte schreiben sollen, kann das zu Irritationen führen. Denn "Gerichtsberichterstattung ist eine furchtbar unbequeme Angelegenheit", hat der verstorbene Spiegel-Gerichtsreporter Gerhard Mauz, der einer der ganz Großen seiner Sparte war, mal festgestellt. Schwarz sei "eben nicht nur Schwarz und Weiß eben nicht nur Weiß". Wie kaum anderswo komme es im Grau des Gerichtssaals auch auf die Zwischentöne an. Bei zu vielen Einschränkungen kommt aber vermutlich nur eine Farbe dabei heraus.
Das kann man einfach mal so stehen lassen.
Vielleicht ja Diskussionsgrundlage für die Main-Post....
Unter "Demystifizieren" würde ich mir gerne vorstellen, dass der Stellenwert von Nachrichten relativiert wird. Die Gleichung "es steht in der Zeitung" = "da muss was dran sein" sollte als erstes demystifiziert werden. Dabei reicht es, wenn man das "muss" zum "kann" macht.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Das größte Problem der Presse scheint zu sein, dass sie auf mündige Leser und Bürger trifft.
Anton Sahlender, Leseranwalt