LESERANWALT
Nicht alle Senioren sind Rentner
Unter der Überschrift "Mehr Autounfälle mit Rentnern" fand sich am Donnerstag, 26.1.2017, auf der Titelseite der Zeitung ein Artikel mit Grafik (siehe Bild), die aufgezeigt hat, dass Senioren mehr Unfälle verursachen als Fahranfänger. Der unbefangene Leser konnte sich fragen, wieso ist in der Überschrift über dem Artikel von "Rentnern" die Rede? Die kommen doch im Artikel überhaupt nicht vor.
Am ehesten lässt sich das wohl damit erklären, dass im Alltag ältere Semester häufig einfach als "Rentner" bezeichnet werden. Doch was im Sprachgebrauch so dahingesagt wird, ist wenig präzise und kann sogar missverständlich sein. Folglich hat dieser Sprachgebrauch in einem Bericht oder in dessen Überschrift nichts zu suchen. Im vorliegenden Artikel und der Statistik ging es grundsätzlich um Autofahrer über 65. Und der Gesamtverband der Versicherer, so konnte man lesen, hat eine Fahrprüfung gefordert, wenn sie über 75 sind. In dieser Forderung sind nicht nur Rentner eingeschlossen, von denen es bekanntlich nicht wenige gibt, die noch nicht einmal 65 Lebensjahre zählen.
Hier der Artikel unter mainpost.de mit richtiger Überschrift: "Autofahrer über 75 sollten regelmäßig zum Check"
Das schon zwischen Rentner und Pensionär nicht mehr scharf unterschieden wird, hält man auf Wikipedia fest. Das ist freilich kein Maßstab für Journalisten, wenn sie Nachrichten formulieren.
Ich (selbst Renten-Bezieher) beschäftige mich auch damit, um dem falschen Gebrauch oder Missbrauch des Rentnerbegriffes vorzubeugen. Schon tags zuvor (25.1.) war nämlich in einem Lokalteil eine Meldung betitelt: "Rentner mit Alkohol am Steuer". Das musste wohl eine Bedeutung haben, wenn Rentner so hervorgehoben war. Hatte es aber nicht, zumindest nicht was"Rentner" betrifft. Der Begriff war wieder einmal nur so dahingeschrieben. Nicht einmal das Alter des alkoholisierten Fahrers wurde preisgegeben. Er könnte zwischen 50 und 95 gewesen sein. Gleichermaßen nichtssagend könnte man in anderen Fällen titeln:
"Berufstätiger mit Alkohol am Steuer".
Die eigentliche Botschaft jener Meldung, dass nämlich in der Gegend immer wieder gestohlene Autos aus anderen Bundesländern aufgefunden werden, trat in der Überschrift hinter der belanglosen Alkoholkontrolle an einem Rentner zurück.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Wenig präsziser Sprachgebrauch
Am ehesten lässt sich das wohl damit erklären, dass im Alltag ältere Semester häufig einfach als "Rentner" bezeichnet werden. Doch was im Sprachgebrauch so dahingesagt wird, ist wenig präzise und kann sogar missverständlich sein. Folglich hat dieser Sprachgebrauch in einem Bericht oder in dessen Überschrift nichts zu suchen. Im vorliegenden Artikel und der Statistik ging es grundsätzlich um Autofahrer über 65. Und der Gesamtverband der Versicherer, so konnte man lesen, hat eine Fahrprüfung gefordert, wenn sie über 75 sind. In dieser Forderung sind nicht nur Rentner eingeschlossen, von denen es bekanntlich nicht wenige gibt, die noch nicht einmal 65 Lebensjahre zählen.
Hier der Artikel unter mainpost.de mit richtiger Überschrift: "Autofahrer über 75 sollten regelmäßig zum Check"
Handwerklicher Mangel
Insgesamt leben laut Statistik der Deutschen Rentenversicherung in Deutschlandetwas mehr als 20 Millionen Rentner. Unter den älteren Deutschen sind aber auch mehr als eine Million Pensionäre(Zahl aus dem Focus vom Juni 2014), außerdem wohl Privatiers und Empfänger sonstiger Versorgungen oder Einkommen zu registrieren. Senioren sind eben nicht nur Personen, die Rente beziehen. Kurzum: die Überschrift auf dem Titel vom 26.1. war unzutreffend, selbst dann wenn Rentner tatsächlich an mehr Unfällen beteiligt sein sollten. Das sagt die Statisik aber nicht. Ich halte diese Art von handwerklichem Mangel hier fest, weil er in aller Regel von der Redaktion hinterher nicht angezeigt und zurechtgerückt wird.Das schon zwischen Rentner und Pensionär nicht mehr scharf unterschieden wird, hält man auf Wikipedia fest. Das ist freilich kein Maßstab für Journalisten, wenn sie Nachrichten formulieren.
Nichtssagende Nachricht
Ich (selbst Renten-Bezieher) beschäftige mich auch damit, um dem falschen Gebrauch oder Missbrauch des Rentnerbegriffes vorzubeugen. Schon tags zuvor (25.1.) war nämlich in einem Lokalteil eine Meldung betitelt: "Rentner mit Alkohol am Steuer". Das musste wohl eine Bedeutung haben, wenn Rentner so hervorgehoben war. Hatte es aber nicht, zumindest nicht was"Rentner" betrifft. Der Begriff war wieder einmal nur so dahingeschrieben. Nicht einmal das Alter des alkoholisierten Fahrers wurde preisgegeben. Er könnte zwischen 50 und 95 gewesen sein. Gleichermaßen nichtssagend könnte man in anderen Fällen titeln:
"Berufstätiger mit Alkohol am Steuer".Die eigentliche Botschaft jener Meldung, dass nämlich in der Gegend immer wieder gestohlene Autos aus anderen Bundesländern aufgefunden werden, trat in der Überschrift hinter der belanglosen Alkoholkontrolle an einem Rentner zurück.
Nicht für alles einsetzen
Ich halte grundsätzlich fest, Rentner sind überwiegend ältere Menschen, die am Ende ihres Berufslebens Rente beziehen. Man kann sie nicht für alles einsetzen, was Senioren betrifft. Denn unter ihnen gibt es unendlich viele unterschiedliche individuelle Persönlichkeitsstrukturen. Deshalb ist Rentner selten eine taugliche nachrichtliche Beziehungsgröße, wenn es nicht um die Rente selbst geht.Anton Sahlender, Leseranwalt
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