Ich belege das mit einem vorösterlichen Beispiel aus der Spruchpraxis des Deutschen Presserates. Der Autor einer Tageszeitungskolumne beschäftigte sich im Jahre 2004 unter der Überschrift „Tot ist noch längst nicht tot“ mit den damaligen „Nachrichten-Kaskaden“, das heißt, mit den widersprüchlichen Meldungen über den Gesundheitszustand des Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat.
Der Autor schrieb eingangs: „Tot ist tot. Sollte man meinen. Im Nahen Osten aber ist das mitunter so eine Sache. Wir wollen jetzt nicht jenen Handwerker-Sprössling bemühen, der in Jerusalem hingerichtet, drei Tage danach aber wieder unter die Lebenden gerechnet wurde. Das ist schließlich schon ziemlich lange her.“
Die abfällige Bemerkung über Jesus Christus, nach dem sich eine Milliarde Menschen benennen, könne nicht hingenommen werden, hieß es danach in der Beschwerde eines Lesers an den Presserat. Diese Bezeichnung feuere zu Intoleranz an, die in den Niederlanden Kirchengebäude (damals) habe brennen lassen. Es handle sich um eine vorsätzliche Entgleisung über eine gefolterte und hingerichtete Person. Es gehe zudem um die Ausübung der Glaubensfreiheit der Leser, die zum größten Teil an Jesus Christus glaubten und bald das Fest der Auferstehung Jesu feierten. Dies sei nicht als „Spiel um einen Handwerker-Sprössling“ zu begreifen.
Der Presserat wies die Beschwerde zurück. Ziffer 10 des Pressekodex sei nicht verletzt. In der satirischen Betrachtung des Autors über die Nachrichtenlage zum Gesundheitszustand von Arafat könne auch für Jesus eine satirische Begrifflichkeit wie „Handwerker-Sprössling“ benutzt werden. Dass einzelne gläubige Christen an dieser Formulierung Anstoß nehmen, konnte der Presserat nachvollziehen. Er sah in dem satirischen Satz aber keine wesentliche Verletzung des religiösen Empfindens. Mehr unter www.presserat.de
Hier Ziffer 10: Die Presse verzichtet darauf, religiöse, weltanschauliche oder sittliche Überzeugungen zu schmähen.