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Ist eine Karikatur nach dem Amoklauf von Newtown ein Zeichen für Verrohung?
Redaktion
 |  aktualisiert: 30.12.2012 17:18 Uhr

Vielleicht trägt gerade heute zur Besinnung bei, was uns ein Leser aus Bad Kissingen geschrieben hat: „Ihre Seite 2 der Ausgabe vom 17.12. ist an Geschmacklosigkeit nicht zu übertreffen. Auf Seite 1 berichten Sie über ,Entsetzen nach Bluttat an US-Schule‘ und auf Seite 2 drucken Sie eine Karikatur ab, die diese Grausamkeit ins Lächerliche zieht.“

Tatsächlich hat sich eine Zeichnung auf der Meinungsseite satirisch zugespitzt mit Hintergründen der Bluttat auseinandergesetzt. Sie zeigt eine amerikanische Familie, Mutter, Vater und Kind, bewaffnet vor dem Fernseher, in dem über den Amoklauf berichtet wird. In der Zeichnung, als Waffennarr-Logik gekennzeichnet, sagt der Vater: „Entsetzlich! Wann begreifen die endlich, dass man seine Kinder nicht unbewaffnet in die Schule schicken kann?“

Der Bad Kissinger sieht darin eine Unverschämtheit den Lesern und in erster Linie den Opfern gegenüber. Das zeige wieder einmal deutlich, „dass nicht nur die Täter unserer Gesellschaft immer mehr verrohen, sondern auch diejenigen, die darüber berichten“.

Ich ergänze der Ordnung halber, dass sich auch der Leitartikler am 17.12., direkt neben der Zeichnung, kritisch mit dem US-Waffen-Lobbyismus auseinandersetzte. Es war zu lesen, dass Beten alleine nicht mehr reicht. Auf den Seiten 4 und 5 erschienen Korrespondentenberichte direkt aus Newtown mit Informationen darüber, dass in den USA mehr Waffen in Privatbesitz sind als in jedem anderen Land der Welt.

Respektieren muss die Redaktion dennoch, dass der Kritiker Zeitungsabonnement und Anzeigen gekündigt hat. Das Geld will er sozialen Einrichtungen spenden, wo es besser angelegt sei als in einer Zeitung, die sich auf so ein Niveau herablasse.

Zerstört die Wirkung einer Zeichnung die gesamte hautnahe Berichterstattung eines Tages? Ist Satire, gleich mit den ersten Nachrichten über ein so fürchterliches Massaker verbreitet, ethisch vertretbar? Ist die Botschaft aber eine andere, wenn die Zeichnung später erscheint, in pietätvollem Abstand zur Bluttat? Zumindest auf diese Frage antworte ich mit Ja. Etwas Warten wäre besser gewesen, weil das schreckliche Geschehen von Newtown doch vielen Menschen auch hier bei uns unter die Haut gegangen ist.

Niemand ist aber verroht, wenn er nicht ganz so empfindet wie der Kritiker. Denn auch Karikaturen tragen Meinung in sich, wollen Nachdenklichkeit erzeugen, die in diesem Falle einer waffenstarrenden Gesellschaft vorbeugen soll. Die Grausamkeit von Newtown sollte nicht ins Lächerliche gezogen werden. Es tut der Redaktion leid, wenn das noch mehr Leser anders empfunden haben.

 
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  • antonsah
    "Die o.g. Karikatur bringt die Absurdität der amerikanischen Waffengesetze auf den Punkt.
    Deshalb finde ich sie besonders treffend und eindringlich.
    Zusammen mit dem danebenstehenden Artikel "Beten alleine reicht nicht mehr" regt gerade diese Zeichnung zum Nachdenken an.
    Mich würde interessieren, wie gerade diese Karikatur beim amerikanischen Volk ankommt.
    Gibt es darüber Erkenntnisse?
    Mit den besten Wünschen und "Weiter so!" XXXXX
    Leider kann ich mit Erkenntnissen aus den USA nicht dienen:
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • antonsah
    "...ich finde nicht, dass diese Karikatur auf eine Verrohung Ihrerseits (d.h. Ihrer Zeitung) hinweist. Das ist Satire, Satire in einer etwas sarkastischen Form. Und man kann vielfach beobachten, dass Leute diese heute überhaupt nicht mehr verstehen. Ich glaube auch, dass der zeitliche Abstand zu dem Ereignis in Newtown keinen Unterschied gemacht hätte, die Wirkung der Zeichnung betreffend.
    Offenbar hat dieser Leser nicht auf die weiteren Nachrichten in den Medien geachtet. Da sagte einer der Vertreter der NRA (National Rifle Association) einen Satz, der nicht weit von der bitteren Aussage der Karikatur entfernt ist. Er sagte: " a bad guy with a weapon can only be stopped by a good guy with a weapon". Hinter einer solchen Aussage steht der Waffenwahn einer großen Gruppe von US-Amerikanern, in den sich bei uns niemand hineindenken kann. Hier liegt der Hase im Pfeffer! Hier liegt die Verrohung! ...."
    Mit freundlichen Grüßen XXXX
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • vindexsinenomine
    Die Karikatur war gut und passend. Karikaturen sollten ja immer einen tieferen Sinn haben als einfach nur zu veräppeln und das hat diese Karikatur auch getan. Sie konfrontiert uns mit dem, was in den USA als nüchterne Reaktion der Waffenlobby zu erwarten war, und zeigt uns auch, wie man so in den USA tickt, wenn es um die lieben Waffen geht.

    Die Karikatur ist weder makaber, noch dem schwarzen Humor verbunden, das sonderbare Gefühl das mancher empfinden mag, kommt nicht von der Karikaur, sondern vom schlichten Einsehen, daß die Karikatur keine Karikatur ist, sondern im Grunde eine genaue Wiedergabe der Haltung der Waffenlobby. Die zynische und kaltschnäuzige Art der Waffenlobby sollte man wirklich nicht der Karikatur als Verfehlung anlasten, sie kann nichts dafür, daß mancher in den USA so fragwürdig tickt. Sie zeigt es nur jedem Leser.
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  • Das ist (m)eine Meinungsäußerung, gewiss - aber auch begründbar. Und zwar damit, dass diese Karikatur eben NICHT die Betroffenen (Täter, Opfer) zum Gegenstand hatte, sondern die Gesellschaft. - Es war eben NICHT so, dass die Karikatur die Familie eines Opfers gezeigt hat, sondern eine (nicht un-) typische amerikanische Familie. - Das ist überhaupt nicht einmal ein feiner, aber trotzdem vom Leser-Kritiker übersehener Aspekt. - Umgekehrt ist es tatsächlich so, dass solche groben Unterschiede auch seitens der Redaktion öfter mal nicht wahrgenommen werden.

    Hier prallen zwei Aspekte aufeinander: Erstens neigt die Gesellschaft zu ritueller Pietät, wenn es - wie in dem Fall des Massakers - ganz dicke kommt. Man erhöht sich selbst damit. - Dann kann es auch vorkommen - wie vor Jahren geschehen -, dass etwa ein gesunkenes Schiff mit hunderten Toten nicht gehoben wird, um die Totenruhe nicht zu stören - es könnte ja einer aufwachen.
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  • Es scheint allerseits eine tiefe Verunsicherung in Bezug auf Werten zu bestehen - man kann offensichtlich nicht mehr in Sachen "Werte" differenzieren, weil man vornehmlich damit beschäftigt ist, Meinungen auszutauschen. - Dies betrifft Redaktion wie Leserschaft gleichermaßen.

    Insofern zum Jahresende mein tiefempfundenes Mitgefühl für Redaktion und Leseranwalt, die im zeitgemäßen Meer des Irrtums ihre Segel so setzen müssen, dass sie sowohl über Wasser bleiben als auch eine Richtung einschlagen können. Das kann nicht einfach sein.
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  • Vor diesem Bad Kissinger, der seine Meinung nicht nur äußert, sondern auch die (richtigen!) Konsequenzen zieht (ich hoffe, er hat im Gegensatz zu uns Würzburgern noch eine alternative Regionalzeitung zur Auswahl!?). Da seine Kündigung auch seiner Anzeigen für die Main Post wirtschaftliche Nachteile hat (das eine Abo wird sie wohl verkraften können), müßten dort eigentlich Konsequenzen haben; darüber wird uns, so es sie wirklich geben sollte, "unser" sog. Anwalt aber sicher nicht informieren, oder fallen die in Ausgburg?
    P.S. Sehr geehrter Herr Sahlender, welche Botschaft soll eigentlich in ihrem Hinweis stecken, dass es ein Bad Kissinger war? Vielleicht versteh' ich es nur nicht? zwinkern
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  • antonsah
    ... ich weiß noch nicht einmal, welche Konsequenzen Sie meinen. Medienfreiheit oder Pressefreiheit, scheinen Sie gründlich falsch zu verstehen, wenn Sie meinen, dass wegen dieser Karikatur, über die man durchaus diskutieren kann, Schritte gegen verantwortliche Mitarbeiter unternommen werden. Medienfreiheit ist nicht das Nachvollziehen einzelner Meinungen. Ihre Sehnsucht nach einer zweiten Zeitung wird sich hier nicht erfüllen, das ist wirtschaftlich nicht mehr darstellbar. Die Tatsache, dass es in Kissingen noch eine gibt, die bereits zweimal verkauft wurde, ist der Tatsache geschuldet, dass sie nur über ein großes Medium noch mitbetrieben werden kann. Ich hoffe, noch lange...
    Anton Sahlender, Leseranwalt, derzeit in Spanien. Frohe Weihnachten.
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  • "....dass der Kritiker Zeitungsabonnement und Anzeigen gekündigt hat...." haben Sie geschrieben! Wenn das keine Konsequenz ist, weis ich auch nicht; was gibt es denn da "nicht zu wissen", wie Sie vorgeben.
    Ansonsten zitiere ich mit einem weiteren zwinkern Ch. Süß: Na dann......
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  • Hätte man dem Leser nach Erfurt und Winnenden ähnliches zugemutet? Wohl kaum! Und was Sie als Missverständnis von Medien- oder Pressefreiheit zu bezeichnen belieben - damit kann man natürlich jegliche Kritik erschlagen -, da gibt's auch genug Leute, die hinter dieser von ihnen so empfundenen Entgeisung einen wesentlich von den 68ern geprägten Anti-Amerlkanismus sehn. Zum Thema "zweite Zeitung": Also wissen Sie, "Sehnsucht" ist was anderes grinsen , aber mein Traum wäre es schon, zwischen zwei unterschiedlich positionierten Regionlazeitungen wählen zu können; wird leider ein Traum bleiben, wenn Ihre Theorie der wirtschaftlichen Nicht-Darstellbarkeit zutrifft.
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  • antonsah
    ... nach dem undurchsichtigen, mit Klammerbemerkungen durchsetzten ersten Beitrag, widmen Sie sich jetzt argumentativ dem vorgegebenen Thema. Diesen Diskussionsbeitrag respektiere ich. So kann man es durchaus auch sehen.
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • dass Sie diesen Beitrag akzeptieren können und respektieren, man muss ja nicht gleich in helle Zustimmung ausbrechen. 'In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute, gesundheit und Erfolg für 2013
    P.S.: Zwei Anmerkungen seien mir zum abschluss noch gestattet:
    1. 'Undurchsichtig kann eine Sache - beachten Sie dazu bitte die zwinkern zwinkern - ggf. auch nur in den Augen dessen, der nicht durchsieht.
    2. Gut für die Diskussion, dass Sie zwei zustimmende e-mails eingestellt haben, aber gabs da auch gegenteilige?
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