Fehler können die Glaubwürdigkeit eines Mediums aushöhlen
Wer öfter Fehler macht, dem vertraut man bald nicht mehr. Das lässt ein Brief an mich erkennen. Er bezieht sich darauf, dass unsere Zeitung jüngst den Vornamen der neuen Fränkischen Weinkönigin auf ihrer Titelseite verwechselt hat, obwohl er im Inneren der Zeitung richtig zu lesen ist. Außerdem hieß es in einem anderen Bericht, Bayern habe 96 Landkreise, tatsächlich sind es aber 71. Unser Autor hatte die kreisfreien Städte dazugezählt, freilich ohne es zu erklären.
Das muss uns Redakteure an die journalistische Sorgfaltspflicht erinnern. Auch viele kleine Fehler höhlen die Glaubwürdigkeit eines Mediums allmählich aus.
Hier der Schriftwechsel:
Sehr geehrter Herr Sahlender,
es ist schon peinlich. Da ist ein Journalist auf einer Veranstaltung, auf der es auch sicher eine Presseinformation für die einzelnen Kandidatinnen gab, wahrscheinlich zig-mal den Namen Sabine Ziegler hört und nicht in der Lage ist, diesen richtig auf die erste Seite der Mainpost zu bringen.
Da kann man doch sicherlich nicht von sorgfältiger Pressearbeit sprechen.
Wie kann ich dann davon ausgehen, dass Berichte über Libyen, Japan….., deren Wahrheitsgehalt ich nicht nachprüfen kann richtig sind?
Mit freundlichen Grüßen
XXXXXXXX
Ich habe beschwichtigend geantwortet. Ich denke, dass die Anfrage in diesem Falle vor allem als Mahnung zu verstehen war:
Aber, aber, sehr geehrter Herr XXXXXXXX,
nicht gleich übertreiben. Der Name der Weinkönigin war immer wieder richtig in der Zeitung, auch am Tag der Verwechslung. Er wurde leider vom Desk-Innendienst an jenem Tag falsch auf die Titelseite übertragen - nicht vom Redakteur vor Ort.
Gerade im Lokalen schleichen sich bei der Namensübertragung leider häufig Fehler ein. Wir sind auf viele freie Mitarbeiter und Pressemitteilungen aus Vereinen und Verbänden angewiesen, die uns auf unterschiedlichsten Wegen erreichen, manchmal durch mehrere Hände gehen. Dieses Problem kennen alle Lokalzeitungen in diesem Lande.
Bei inhaltlichen Gesichtspunkten wird es ganz gewiss auch mal Schreib-Fehler oder Verwechslungen geben. Das ist leider nicht zu vermeiden - bei keinem Medium. Ansonsten können Sie sich darauf verlassen, dass sämtliche an unseren Inhalten beteiligten Journalisten, angefangen von den Korrespondenten über die Agenturen bis hin zu unserer Redaktion ihre Verpflichtung zur Sorgfalt kennen.
Sie können auch davon ausgehen, dass uns selbst die Namensverwechslung sehr peinlich ist ...
Anton Sahlender, Leseranwalt
Das muss uns Redakteure an die journalistische Sorgfaltspflicht erinnern. Auch viele kleine Fehler höhlen die Glaubwürdigkeit eines Mediums allmählich aus.
Hier der Schriftwechsel:
Sehr geehrter Herr Sahlender,
es ist schon peinlich. Da ist ein Journalist auf einer Veranstaltung, auf der es auch sicher eine Presseinformation für die einzelnen Kandidatinnen gab, wahrscheinlich zig-mal den Namen Sabine Ziegler hört und nicht in der Lage ist, diesen richtig auf die erste Seite der Mainpost zu bringen.
Da kann man doch sicherlich nicht von sorgfältiger Pressearbeit sprechen.
Wie kann ich dann davon ausgehen, dass Berichte über Libyen, Japan….., deren Wahrheitsgehalt ich nicht nachprüfen kann richtig sind?
Mit freundlichen Grüßen
XXXXXXXX
Ich habe beschwichtigend geantwortet. Ich denke, dass die Anfrage in diesem Falle vor allem als Mahnung zu verstehen war:
Aber, aber, sehr geehrter Herr XXXXXXXX,
nicht gleich übertreiben. Der Name der Weinkönigin war immer wieder richtig in der Zeitung, auch am Tag der Verwechslung. Er wurde leider vom Desk-Innendienst an jenem Tag falsch auf die Titelseite übertragen - nicht vom Redakteur vor Ort.
Gerade im Lokalen schleichen sich bei der Namensübertragung leider häufig Fehler ein. Wir sind auf viele freie Mitarbeiter und Pressemitteilungen aus Vereinen und Verbänden angewiesen, die uns auf unterschiedlichsten Wegen erreichen, manchmal durch mehrere Hände gehen. Dieses Problem kennen alle Lokalzeitungen in diesem Lande.
Bei inhaltlichen Gesichtspunkten wird es ganz gewiss auch mal Schreib-Fehler oder Verwechslungen geben. Das ist leider nicht zu vermeiden - bei keinem Medium. Ansonsten können Sie sich darauf verlassen, dass sämtliche an unseren Inhalten beteiligten Journalisten, angefangen von den Korrespondenten über die Agenturen bis hin zu unserer Redaktion ihre Verpflichtung zur Sorgfalt kennen.
Sie können auch davon ausgehen, dass uns selbst die Namensverwechslung sehr peinlich ist ...
Anton Sahlender, Leseranwalt
Themen & Autoren / Autorinnen
Das Krankheitsbild „Rudeljournalismus“ präzisiert er in seiner selbstgeschriebenen Dissertation mit dem Terminus „Rudelleserschaft“ – ein Art „gruppaler“ Infekt, der sich aus dem bekannten Bild ableitete und als heimtückische Krankheit bezeichnet werden muss.
Mit seiner empirischen Studie gelang Dr. Bela B. der Durchbruch beim Ausruf eines Probanden „gartenfreak“ wegen eines RudelExplorers. Der habe „nichts wie die Wahrheit und dazu noch positiv für Sie (Anm.: den Anwalt der Wahrheit) geschrieben“ und doch wurde er aus dem Behandlungszimmer entfernt … (Fahr` in Urlaub !)
Aber merke: „Wer zweimal für den selben schreibt, den hat die Krankheit einverleibt!“
Dr. Bela B. möchte im Nachwort seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Blaubi danken, auf den durch dessen Freundlichkeit, ehrliche Beiträge und klaren Verstand manche unentspannten Patienten ihre persönlichen Defizite projezierten. Das tat sicher sehr weh – aufrichtige Hochachtung vor Blaubi und seiner Art mit schwierigen Lebenssituation fertig zu werden.
(ironic mode off)
Die Tochter vom EX-MP 'Stoiber' soll a so e Arwet ogliefert ham.
(Da sie aber keine öffentliche Person is, wird "ihr Plagiatsvorwurf' verniedlicht.
Kaum eine Meldung. Nur Internetportale brachten es vorgestern mit Wort u. Bild
gross raus).
Also dann braucht man gar nicht mehr über solche prominenten Straftatbestände
berichten (falsche Erklärung an Eides statt) und weiter 'herumDoktern' , wenn bekannte "Doktor-Juristen" so ein 'hundmiserables Rechtsverständnis' haben!
Ich find, die 'M-P' und damit der Leseranwalt, hat von der ursprünglichen Ausgangs-
lage her gesehen, absolut nichts falsch gemacht. "Rosstäuscher" waren noch nie
beliebt. Weder beim Volk, noch beim 'alten Adel' !
Kommentar Nr. 40 .... gute Nacht ihr kleinen Sorgen...-Kinder würde die "Bavaria"
sagen
Das einzig erwähnenswerte für dieses Forum von Avataren finde ich, ist, dass wastl-one real mit seinem alten Freund Anton Sahlender ganz dicke ist - zumindest im Urlaub.
Mal eine ebenso pfiffige wie berechtigte Frage: Ist das hier eine Scheindiskussion von Akteuren, die die Main-Post gecastet hat, damit Diskussion auch mal ein bisschen "geführt" werden können oder ist wastl der einzige Spezl?
@evakurt Dass Sie Rücktritte alleine auf die Medien zurückführen, zeigt mir im Wesentlichen, dass sie Ursache und Wirkung nicht auseinaderhalten, dass Sie die aufgezählten Rücktritte möglicherweise für unnötig halten (siehe Guttenberg). Schuldig bleiben Sie eine Antwort darauf, wo die Medien sich Ihrer Meinung nach in gleichem Maße hätten sich engagieren müssen.
Ich betone, der bessere Journalismus ist nicht daran zu messen, dass er Ihre oder anderer Meinung bestätigt.
Anton Sahlender, Leseranwalt
1. Die Rücktritte von Ypsilanti bis Guttenberg (bleiben wir bei den willkürlich ausgewählten Beispielen) wurden alle durch einen Nukleus eigenen Fehlverhaltens ausgelöst. Das heißt: Es ist natürlich NICHT so, dass sich die Presse irgendjemanden vollkommen willkürlich rausgesucht hat und den/die ohne jeglichen Grund zum Rücktritt gezwungen hat - damit es da nicht schon wieder Mißverständnisse gibt.
2. In den genannten Fällen hat sich aber aus diesem Nukleus eigenen Fehlverhaltens eine EIGENDYNAM;ISCHE Größe entwickelt, die maßgeblich von der Presse bzw. deren Hintermännern und -frauen wie auch von Lobbyisten von politischen/gesellschaftlichen Gegnern der jeweils Betroffenen maßgeblich bestimmt wurde. Das kann man juristisch natürlich nur schwer nachweisen, ist aber derart ein Gemeinplatz, dass ich geradezu ratlos bin, wie man das nicht sehen kann. Oder glauben Sie, BILD und Focus und SPIEGEL und STERN und FAZ und SZ hätten KEIN Geschäftsmodell in puncto gesellschaftlicher/politischer Orientierung? Und natürlich ist diese gesellschaftliche/politische Orientierung hinterlegt mit Manpower (geschäftsmodell-kompatible Journalisten/Lobbyisten/etc.) - alles andere wäre unprofessionell. Trotzdem ist die Pressefreiheit damit nicht angerührt, weil diese eigene Orientierung ja geradezu als Ausdruck der PRessefreiheit verstanden wird.
3. Die MP ist und war nie das Problem. In dem Moment, in dem von den Medienriesen etwas durchdringend thematisiert wird, kann die MP nicht darauf verzichten, darüber zu berichten - keine Frage. Allerdings könnte man solche Medienwellen etwas distanzierter aufnehmen und dem Leser vermitteln, dass man da etwas aufnimmt, was woanders hochgepushed wurde - aber das ist Entscheidung der Redaktion.
5. All das ist kein Ausdruck von Misstrauen gegenüber dem Journalismus, sondern Eingeständnis, dass der Journalismus zwar frei im Sinne der Pressefreiheit ist, nicht aber frei ist von seiner Einbettung in Interessen von gesellschaftlichen/politischen Kräften. Eigentlich eine Binse - wie kann man das verleugnen?
Anton Sahlender, Leseranwalt
Wo sehen Sie in der Realität Argumente gegen die These:
"Art und Aufwand medialer Zuwendung zu einem Geschehen ist eine EIGENSTÄNDIGE Größe neben dem Geschehen selbst und nicht proportional zum Gewicht des Geschehens selbst - eigentlich gehe ich davon aus, dass genau das in der Journalistenausbildung als Selbstverständlichkeit gelehrt wird. In diesem Sinne sind die Rücktritte von Ypsilanti bis Guttenberg zwar durch Fehlverhalten initiiert, aber durch Medien eigendynamisch erwirkt - und zwar (und das erscheint mir wichtig) im wesentlichen UNABHÄNGIG vom Schweregrad der Verfehlungen."
Was meinen Sie konkret, wenn Sie auf meine These,
"dass der Journalismus zwar frei im Sinne der Pressefreiheit ist, nicht aber frei ist von seiner Einbettung in Interessen von gesellschaftlichen/politischen Kräften - eigentlich eine Binse",
antworten:
"Zurück zur Binse - die ist es deshalb nicht, weil es die Einflussmöglichkeiten solcher medialen, sozialen und politischen Wellen bei einzelnen Themen zwar kontrovers diskutiert werden, aber nicht als im Journalismus unvermeidlich gegebene Tatsche gelehrt werden".
Wird es nicht gelehrt, weil das Selbstbild des Journalismus dies nicht zuläßt, oder weil es so klar ist, dass man es erst gar nicht lehren muss?
Warum sehen Sie in ihren Journalismuserkenntnissen allgemein gegebene Tatsachen? Ich habe festgestellt, dass solche Aspekte oder Gefahren wie von Ihnen benannt (etwa Rudeljournalismus) wenn nötig zweifellos an konkreten Beispielen kontrovers diskutiert werden. Problemfelder, die Diskussionen herausfordern gibt es weitaus mehr. Was Sie meinen, wird nicht nicht als unabänderliche Gegebenheit gelehrt. Das Selbstbild von Journalisten ist wahrhaftig kein unkritisches - eher das Gegenteil. So werden stets dann, wenn es notwendig wird, problematische Entwicklungen teilweise ziemlich heftig diskutiert werden. Aber man muss Sie nicht - eben sie keine Binse sind - in jede Journalismusdiskussion einwerfen. Ich betone: Jedes Geschehen muss dabei jeweils wieder für sich beurteilt werden.
Ich bin nun seit nahezu drei Jahrzehnten bundesweit für Journalistenfortbildung unterweges, für die Bundeszentrale für politische Bildung, für Initiative Tageszeitung. Habe kaum kritische Diskussionen ausgelassen. Ihre Binsen sind mir nicht begegnet.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Nach Ihrer Auffassung gilt:
"Art und Aufwand medialer Zuwendung zu einem Geschehen ist KEINE eigenständige Größe neben dem Geschehen selbst".
Indirekt entnehme ich Ihren Ausführungen weiterhin, dass aus Ihrer Sicht der Journalismus nicht nur frei im Sinne der Pressefreiheit ist, sondern auch (im wesentlichen) unabhängig ist von Interessen gesellschaftlicher/politischer Kräfte.
Soweit ich das richtig interpretiere, sind das klare Aussagen Ihrerseits, die wahrscheinlich damit auch repräsentativ sind für den Berufsstand der Journalisten. Das würde heißen, dass Sie bezüglich der (willkürlich zitierten) Fälle Ypsilanti bis Guttenberg KEIN Mißverhältnis zwischen dem Eigengewicht des jeweiligen Geschehens und der Art und des Umfanges der medialen Behandlung dieses Geschehens sehen.
Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass es in unserer Gesellschaft Parallelwelten in der Beurteilung dieses Themenkomplexes gibt - wobei es völlig unbedeutend ist, ob man die von Ihnen oder die von mir vertretene Wahrnehmungswelt als maßstäblich postuliert. Allein diese Feststellung der Parallelität ist schon viel wert, und ich danke Ihnen für Ihre klare Stellungnahme - damit kann man arbeiten.
Nein, das was Sie über mein eigendynamisches Gesamtbild vermuten, trifft es nicht. Die Redaktion - und auch ich - wir sind bei allen schon beklagten anderen Schwächen durchaus in der Lage den Einzelfall zu beurteilen und das Gesamtbild das sich daraus ergibt. Und das Eigengewicht des Geschehens spielt bei uns alles andere als eine Statistenrolle.
Wenn Sie von ihren übergeordneten, beunruhigenden Betrachtungsweisen gelegentlich mal zur näheren Betrachtung der einzelnen Mosaiksteinchen zurückkehren könnten, würde das vielleicht auf Sie und sogar auf mich als Mitarbeiter einer Regionalzeitung beruhigend wirken.
Ich akzeptiere Sie und ihre Haltung aber auch, wenn dem nicht so ist.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Und das Gesamtbild sagt: Engholm, Ypsilanti, Mixa, Guttenberg hätten damals nicht zurücktreten müssen und Eva Herrmann hätte nicht ihren Job beim NDR verloren, wenn die Pressereaktion auf deren Verhalten eben diesem Verhalten angemessen gewesen wäre und wenn KEINE medien-eigendynamischen Prozesse abgelaufen wären. Umgekehrt gesagt: Wäre die Medienwelt auf alle anderen vergleichbaren Fälle der letzten 20 Jahre ähnlich vehement und eigendynamisch aufgesprungen, wären 100 oder 1.000 mal mehr als die oben willkürlich genannten fünf Menschen um ihren Posten gekommen. Das ist eine Behauptung, die zu beweisen einen Dr.-Arbeit nötig wäre - zugegeben. Andererseits: Sowas merkt man doch auch ohne wissenschaftliche Unterstützung?!?!!
Umgekehrte Frage an Sie: Meinen Sie wirklich, dass die willkürlich genannten fünf Leute von Engholm bis Guttenberg sich ÜBERDURCHSCHNITTLICHES - gemessen an allen anderen in ihrem Umfeld - Fehlverhalten geleistet haben????
R. Sebastian, Würzburg
Ein weiterer Aspekt, den ich hier einbringe, ist Medienkompetenz. Vieles in der Diskussion scheint mir so aus dem Bauch heraus empfunden, ohne dass es bewusst gelesen wurde. In unseren Schulen ist Medienkompetenz zwar eingeplant und die Main-Post bemüht sich in hohem Maße darum, aber sie ist aus meiner Sicht in den Schulen noch nicht hoch genug angesiedelt. Wir müssen Medien richtig zu nutzen verstehen und richtig nutzen können. Wir dürfen nicht verlangen, dass der Journalismus etwas auslässt, alleine deshalb, weil es viele andere Medien nicht tun oder weil es missverstanden werden könnte.
Wir brauchen kompetente Leser und wir müssen selbst dazu beitragen, dass sie es werden und bleiben.
Ihr häufig erkennbares tiefes Misstrauen, liebe/r @evakurt, das steht Ihnen zu. Ich versichere Ihnen aber, es ist nicht gerechtfertigt. Sie unterschätzen die Redaktion gewaltig.
Danke für die Diskussion, Anton Sahlender, Leseranwalt
@leseranwalt: Wenn man Dinge an der Wurzel packt, hebt das zwar ab von Einzelfällen, führt aber gerade zu dem, was ich unter "Wirklichkeit" verstehe. Ein Mosaik verändert sich als Gesamtbild nicht dadurch, dass man an einem oder zwei Mosaiksteinchen irgend etwas falsifiziert oder verifiziert. Mir geht es dagegen darum, anhand von konkreten Beispielen übergeordnete Mechanismen zu veranschaulichen. Diese übergeordneten Mechanismen, also das Gesamtbild, sind vielen auf einem Blick klar - so wie man ein Mosaikbild als ganzes unmittelbar wahrnimmt. Allerdings habe ich den Eindruck, dass Sie als Gesamtbild etwas ganz anderes sehen als ich - und inzwischen glaube ich sogar, dass Sie das wirklich so meinen. Und das Gesamtbild besteht - verkürzt dargestellt - darin, dass die Eigendynamik der Medien eine eigene Kraft ist, deren Energie so groß ist, dass in besonderen Fällen das Eigengewicht des Geschehens selbst nur noch eine Statistenrolle spielt. Das ist gruppendynamisch gesehen geradezu eine Binse, so selbstverständlich ist es - und eigentlich müßte man darüber gar nicht reden. Diskussionsbedarf besteht, wenn ernsthaft der Eindruck erweckt werden soll, er sei NICHT so. Das ist, was mich so beunruhigt.
Ein Satz des von Ihnen angebotenen Meinungsbeitrags in der Schweiz ist kritisch zu sehen: "Dass sich gute Journalisten geradezu im Rudel auf Themen stürzen, ist eben gerade kein Krisenzeichen, sondern Merkmal gesunder Konkurrenz um die beste Geschichte." Denn hier kommt gerade das zum Vorschein, was genau das Problem ist - nämlich dass das eigentliche Interesse nicht der Sache an sich gilt, sondern dem Konkurrenzdruck innerhalb der Medien. Und da ist eben meine Kritik, dass bei aller gesunden Konkurrenz der Gegenstand des Interesses geschützt bleiben müßte - was praktisch nicht geht, es sei denn man betrachtet die Medienkonkurrenz selbst als Thema und achtet nicht weiter darauf, um wen es geht, weil das eh nicht das Thema ist. Dann ist es halt nur Zirkus.
Mir kommt das öfter so vor, als würden sich Medien gegenseitig im Wettbewerb zeigen wollen, wer am besten den Ball schlagen kann. Der Ball selbst, also in aller Regel ein Mensch, wird dann eben eher als Spiel-Ball, nicht aber nach seinem eigenen Gewicht bewertet. Hier wird das seriöse Eigengewicht einer Nachricht oft aufgegeben zugunsten von gruppendynamischen Prozessen INNERHALB der Medienlandschaft. Und genau das erfüllt aus meiner Sicht den Tatbestand von "Rudeljournalismus". Beispiele dazu habe ich an anderer Stelle genannt.
Wie auch immer: Gut dass über dieses Thema diskutiert wird. Denn wer sich Gedanken um die Glaubwürdigkeit von Medien macht, kommt um dieses große Thema nicht rum.