Dass er als Internet-Abonnent morgens die Tageszeitung am Notebook (kleiner tragbarer Computer) liest und dass ihm dabei zwei seiner Kinder (10, 11) gerne über die Schulter schauen, schreibt mir ein besorgter Internet-Kunde aus Bad Neustadt. Es handelt sich bei ihm also um einen jener fortschrittlichen Zeitgenossen, von denen es immer mehr gibt. Sie informieren sich regelmäßig online, hier über www.mainpost.de
Der Neustädter beklagt eine Situation, die speziell im Internet anzutreffen ist: „Leider wird in den letzten Monaten auf ihrer Startseite (also unter mainpost.de) zunehmend erotisches, teilweise pornografisches Material in den Vordergrund gerückt, welches Jugendlichen und Kindern wohl so nicht gezeigt werden kann.“
Der Mann räumt ein, Pornografie sei Definitionssache. Ich ergänze, dass die Grenzen zwar fließend sein mögen, dass aber unter www.mainpost.de keine Pornografie zu finden ist, dass dort keine sittenwidrigen Bilder oder Filme zur Schau gestellt werden. Das ist für ein seriöses Medienhaus Gesetz. Unbestritten sollte aber sein: Nackte Körper alleine sind weder pornografisch noch sittenwidrig.
Wir wissen, dass traditionelle Zeitungsleser über die gewöhnungsbedürftig offenen Verhältnisse im weltweiten Netz staunen. Hier darf man auch im Portal unseres Medienhauses mal Aktaufnahmen anklicken. Über Ästhetik lässt sich der Anspruch unserer Zeitungsmarke mit der freizügigen Welt des Nets in Einklang bringen.
Dennoch will der Mann aus Bad Neustadt neben anderen Seiten nun die der Main-Post für seine Kinder sperren. Denn die schauen ihm nicht nur über die Schulter, die gehen auch selbstständig ran. Vorwiegend wegen der Sportergebnisse.
Ich respektiere die Sperre des Erziehungsberechtigten, rate selbst jedoch zur Offenheit. Die hilft in Schule und Elternhaus, um kompetenten Umgang mit Medien zu lernen. Weil die sich ständig mit dem Kommunikationsverhalten der Menschen verändern müssen, ist das heute wichtiger denn je.
Leider bewahrt kein Inhaltsblocker davor, dass Kinder auf Darstellungen stoßen, die Moralgrenzen überschreiten – vor allem im Internet. Wirksamste Vorbeugung war und ist Medienerziehung. Das weiß man bei der Main-Post seit Jahren. Es bedurfte dazu nicht erst der Erotik. „KLASSE!“-Projekte, mit denen unser Haus pro Schuljahr nahezu 30 000 Schüler mit ihren Produkten erreicht, machen fit für den Umgang mit Medien. „Pfiffikus“ spricht den Nachwuchs bereits in den Kindergärten der Region an.
Zurück zum Problem des Vaters mit Erotik. Selbst wenn sie neben dem aktuellen lokalen, regionalen und weltweiten Angebot von mainpost.de verschwindend ist, sollte man wissen, dass sie trotzdem starke Anziehungskraft ausübt. Das unterscheidet sie unter anderem messbar von politischen Beiträgen, die deutlich weniger genutzt werden. Wir bedauern das, obwohl in erotischer Nachbarschaft sogar Politikinteresse ansteigt.
Der Effekt wäre zu billig, um Konzept zu sein. Das könnte sogar die Kultur der Erotik beschädigen. Die gehört zur Geschichte des Menschen. Wissen darüber steckt auch im Net, so im Lexikon Wikipedia. Dort heißt es zur Erotik: „Schon die Philosophie im alten Griechenland postulierte die Notwendigkeit einer Einheit von Körper, Geist und Seele, damit der Mensch mit sich selbst im Einklang sei.“
Ich hoffe, dass es nicht nur dem Vater aus Bad Neustadt gelingt, sich und seine Kinder mit Medien und Erotik in Einklang zu bringen. Mündige Kunden sind auch in Zukunft wichtig.