LESERANWALT
Ein überflüssiges Tatort-Foto
Bilder von Häusern, um die Absperrbänder gezogen wurden, weil dort eine Gewalttat verübt worden ist, sehe ich als überflüssig an, schreibt Leser H.R. an die Redaktion. Das sei Stil der Bild-Zeitung und Sensationsmache. Nachbarn und Umgebung wüssten ohnehin über den "Buschfunk" bescheid und für Auswärtige sei es uninteressant. Diese Bilder würden nur dem Gaffertum Vorschub leisten. So empfiehlt Herr H.R.: "Verzichten Sie doch auf solch inhaltsleeres und fragwürdiges Bildmaterial."
Gaffertum wird dieses in Mainfranken erschienene Bild aus der Gegend von Bad Tölz kaum auslösen. Der geringen Bildaussage auf zwei Spalten ist schwerlich Sensationsmache zu unterstellen. Ein Effekt lässt sich aber nicht leugnen: Ein Beitrag mit Foto erregt meist mehr Aufmerksamkeit als ohne.
Festzuhalten ist: Bei einer Abwägung sollten Bild-Aussage und -Wirkung höher bewertet werden als rein optische Gesichtspunkte.
Zu beachten sind dabei die Richtlinien im Kodex des Deutschen Presserates, in den es auch heißt, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sorgsam gegen die Interessen der Opfer und Betroffenen abzuwägen ist.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Email: leseranwalt@mainpost.de
Vier Polizeiautos, ein Polizist
Typisch ist für H.R. ein Foto, das in der Zeitung vom 27. Februar den Bericht „Gewalttat erschüttert Königsdorf“ illustriert. In einem Weiler bei Bad Tölz waren eine Frau und ein Mann getötet und eine weitere Frau schwer verletzt aufgefunden worden. Laut Polizei wahrscheinlich Opfer eines Raubmordes. Das Bild zeigt kaum Umgebung. Zu sehen sind teilweise vier Polizeiautos und von hinten ein Polizist.Welchen Nutzen bringt das Bild?
Stellt sich die Frage: Welchen Nutzen bringt das Bild der Leserschaft? Bestenfalls lässt es ahnen, dass angesichts des Gewaltverbrechens wohl tatsächlich - wie im Text berichtet - eine Sonderkommission vor Ort gewesen ist. Darüber hinaus sagt es nichts, was im Bericht nicht anschaulicher dargestellt ist.Gaffertum wird dieses in Mainfranken erschienene Bild aus der Gegend von Bad Tölz kaum auslösen. Der geringen Bildaussage auf zwei Spalten ist schwerlich Sensationsmache zu unterstellen. Ein Effekt lässt sich aber nicht leugnen: Ein Beitrag mit Foto erregt meist mehr Aufmerksamkeit als ohne.
Bilder ergänzen oder bestätigen
Ich stimme Leser H.R. dennoch zu: Dieses Bild mit seiner geringen Aussage war überflüssig. Es hätte auch wegbleiben können. Von der Redaktion wurde es wohl nur für eine bessere Optik der Zeitungsseite gebraucht, weil es dort das einzige Bildelement neben einer dominanten Werbeanzeige war, die dreiviertel der Seite eingenommen hat. Über dieses Beispiel hinaus behält die kritische Anmerkung von H.R. Berechtigung: Fotos von Tatorten sollten die Text-Nachricht sinnvoll ergänzen oder bestätigen, sonst sind sie überflüssig.Verbrechen im Verbreitungsgebiet
Dabei wird es für lokale Medien zur Herausforderung, dass in der Leserschaft bei schweren Verbrechen im eigenen Verbreitungsgebiet immer auch Fotos erwartet werden. Dem gerecht zu werden, ohne Gaffertum auszulösen oder Sensationslust zu befriedigen, ist nicht einfach. Das gilt gerade dann, wenn Angehörige durch Fotos nochmals zu Leidtragenden oder Nachbarn in ihrer Privatsphäre verletzt werden können. Wenn ein Foto allerdings zur Verbrechensaufklärung beitragen kann, müssten selbst diese Gesichtspunkte zurückstehen. Illustrieren um jeden Preis geht nicht.Festzuhalten ist: Bei einer Abwägung sollten Bild-Aussage und -Wirkung höher bewertet werden als rein optische Gesichtspunkte.
Zu beachten sind dabei die Richtlinien im Kodex des Deutschen Presserates, in den es auch heißt, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sorgsam gegen die Interessen der Opfer und Betroffenen abzuwägen ist.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Email: leseranwalt@mainpost.de
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