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Der Leseranwalt: Wer über Menschen schreibt, muss strenge Regeln beachten
Redaktion
 |  aktualisiert: 16.12.2021 16:19 Uhr

Die Persönlichkeitsrechte des Menschen sind besonders geschützt, auch in den Richtlinien des Deutschen Presserates für gedruckte Medien (www.presserat.de). Journalisten, die sich daran halten, gewinnen nicht nur Vertrauen bei Lesern, sie werden auch nicht mit dem Gesetz in Konflikt kommen. Für die Redaktionen dieser Zeitung regeln zusätzlich Leitlinien die Berichterstattung, auch den Umgang mit Menschen. Sie sind im Internet abzurufen (www.mainpost.de über Impressum). Leser dürfen erwarten, dass sie eingehalten werden.

Dazu zwei Fälle, die ich der letzten Mitteilung des Deutschen Pres- serates entnommen habe. Eine Re- gionalzeitung in Neubrandenburg berichtet über den bevorstehenden Prozess gegen einen Steuerberater. Die schweren Vorwürfe gegen den Mann sind also noch nicht gerichtlich erwiesen. Das wird im Bericht nicht deutlich, kritisiert der Presserat. Stattdessen stehe da, der Mann sei „clever und kriminell“. Dafür hat der Presserat die Zeitung gerügt, weil das einer Vorverurteilung gleichkommt. Zudem hätte es nicht sein dürfen, dass der Beschuldigte für einen weiteren Personenkreis erkennbar wurde – durch die geschilderten Zusammenhänge. Das kann schwere Konsequenzen für die berufliche Zukunft des Steuerberaters haben. Die Rüge bleibt im Übrigen bestehen, falls das Gericht die Vorwürfe bestätigt. Mit dieser Strenge unterstreicht der Presserat, wie wichtig die Unschuldsvermutung in der Medienberichterstattung ist.

Eine Rüge trifft eine regionale Ausgabe der „Bild“-Zeitung. Der Presserat stellt fest, sie habe die Persönlichkeitsrechte von kleinen Kindern verletzt. So soll es gewesen sein: Das Blatt berichtet über eine geplante Beschneidung der Kinder, zu der sie nach Afrika gebracht werden sollen. Aber die Polizei verhindert die Reise. Zweifellos ein berichtenswerter Vorgang. Die Rüge gab es aber, weil die Kinder erkennbar abgebildet waren. Dazu wäre eine Einwilligung der Eltern notwendig gewesen. Die fehlte. Dann hat sich noch herausgestellt, dass die Redaktion einer falschen Meldung der Polizei aufgesessen ist: Es war gar keine Beschneidung geplant. Obwohl Nachrichten der Polizei generell als zuverlässig gelten können, hätte deutlich werden müssen, dass nicht beide Elternteile Quelle der Nachricht gewesen sind. Ich füge hinzu, dass Journalisten, die tief in ein Familienleben eindringen, alle verfügbaren Quellen ausschöpfen müssen, um sich ihrer Nachrichten sicher sein zu können. Und dann haben sie noch die Entscheidung zu treffen, wie viele von ihren Erkenntnissen zur Verbreitung geeignet sind.

 
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