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Der Leseranwalt: Was engagierte Bürger beachten sollten, wenn sie von Journalisten zu brisanten Themen befragt werden
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:12 Uhr

Das Wichtigste zuerst: Leute, die mit Journalisten über ein brisantes, öffentlich diskutiertes Thema sprechen, sollten unmissverständlich mitteilen, wenn sie in Veröffentlichungen mit einer Abbildung oder Nennung ihres Namens nicht einverstanden sind! Das habe ich vor etwa eineinhalb Jahren schon einmal erklärt. Wegen aktueller Anlässe erneuere ich diese Erklärung.

Ein erfundenes Beispiel soll verdeutlichen, was gemeint sein kann: Bürger X lehnt einen geplanten Straßenbau ab, der bereits die Öffentlichkeit beschäftigt. X wendet sich mit seiner Ablehnung in Anschreiben an eine Handvoll Betroffene, hofft auf Unterstützer.

Eine Redaktion wird dadurch auf ihn aufmerksam. Ein Journalist, der sich als solcher vorstellt, spricht X auf den Straßenbau an und bittet um eine Stellungnahme als Betroffener. Der beantwortet ihm bereitwillig und ausführlich Fragen. Aus solcher Aufgeschlossenheit folgert der Journalist, dass X bei seinen Antworten nichts gegen die Nennung seines Namens hat.

Juristen sprechen hier von einer stillschweigenden (konkludenten) Zustimmung von X. Blauäugig wäre es ohnehin, zu glauben, dass das Gespräch nur fürs Notizbuch des Journalisten stattgefunden hat und nichts davon veröffentlicht würde.

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs lässt erkennen, dass bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Angelegenheit jede damit erkennbar aktiv verknüpfte Person grundsätzlich wahrheitsgetreue Tatsachenbehauptungen auch unter Nennung ihres Namens hinnehmen muss. Voraussetzung ist freilich, dass es im Rahmen einer sachlichen Berichterstattung geschieht.

Diese Rechtslage entbindet Journalisten aber nicht von ihrer Verpflichtung zur Fairness. Sie sollten immer mitteilen, wo sie veröffentlichen und Namensnennungen mit Betroffenen möglichst abstimmen.

Wer allerdings bei einem öffentlichen Ereignis das Wort ergreift, etwa bei einer Bürgerversammlung, muss sich meist die namentliche Erwähnung ungefragt gefallen lassen, mindestens im Lokalteil.

Dass es nicht beim Lokalteil bleiben muss, sollte man inzwischen auch wissen. Beiträge wandern fast immer zusätzlich ins Internet, hier unter www.mainpost.de. Das heißt, niemand verschwindet im Laufe der Zeit im Dunkel eines Papierarchives. Namen bleiben samt den damit verknüpften Nachrichten voraussichtlich dauerhaft online leicht auffindbar. Das einzukalkulieren, empfehle ich erneut jedem, der in Angelegenheiten aktiv wird, die die Öffentlichkeit wesentlich berühren.

 
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