Eine Tüte, angefüllt mit Zeitungsausschnitten, trug uns eine Würzburgerin in diesem Jahr persönlich ins Verlagshaus. Über sechs Monate hatte sie Fehler gesammelt und angestrichen.
Ich habe mich darüber auch gefreut, ja, tatsächlich gefreut. Denn eine so aufwendige Beschwerde zeigt, dass dieser Frau ihre Zeitung wichtig ist. Und sie ist nicht die Einzige, die sich Mühe gibt mit ihrer Kritik. Meistens sind es engagierte Personen, denen das gedruckte Medium so viel bedeutet, dass sie es der Redaktion gleich übermitteln, wenn sie sich über Beiträge ärgern. Gleichgültige melden sich kaum. Das heißt wiederum nicht, dass schweigende Leser gleichgültig sind.
Ich möchte auch nicht den Anschein erwecken, als würde die Redaktion Fehler einbauen, um die Zuwendung ihrer Leser zu testen. Festhalten will ich, dass jede Zuschrift zur Kenntnis genommen wird, auch wenn nicht alle Hinweise, Kritiken oder Anregungen beantwortet werden können. Sie sind dennoch wichtig und willkommen.
Lob wird zur Wohltat für Journalisten. Es kommt halt seltener vor, dass sich jemand dazu durchringt. Ein Leser, der sich regelmäßig bei mir meldet, sei zitiert. Er stellt zum Jahresende fest: „'Es geht aufwärts, sagte der Spatz', als ihn die Katze die Speichertreppe hinauftrug.“ Er bezog das warnende Gleichnis auf eine, seiner Meinung nach, „auffällig schwindende Fehlerzahl in Ihren Berichten“. Die Bedeutung der Katze ist ziemlich klar: Es wäre ziemlich gefährlich, sich auf Lorbeeren auszuruhen, die der eine oder andere Leser vereilt.
Apropos Leser: Sie informieren sich aus ihrer Zeitung und können dabei, ganz nebenbei, der Redaktion auf die Finger schauen. So lässt sich eigene Medienkompetenz verbessern. Für Journalisten sind daraus folgende begründete Kritiken ein Spiegel, in den sie blicken müssen. Das fördert Selbsterkenntnis und bewahrt gleichsam vor der Katze.
Mir ist jedenfalls danach, hier mal ganz speziell Kritikern frohe Weihnachten und ein friedvolles Fest zu wünschen – mit ihrer Zeitung.
Anton Sahlender, Leseranwalt