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Der Leseranwalt: Fehler in der Zeitung dürfen nicht zu unvermeidlichen Zeiterscheinungen werden
Redaktion
 |  aktualisiert: 07.12.2014 20:09 Uhr

Leider muss man als Leser schon über einen längeren Zeitraum feststellen, dass die Erstellung der Texte vielfach mit einer Nachlässigkeit erfolgt, die sich beim Lesen störend erweist. Fehlende oder überzählige Worte machen die Lektüre holprig, Rechtschreibfehler tun manchmal gar weh.“ So steht es in einer Zuschrift. Und ich gestehe, holprige Passagen sind veröffentlicht worden. Dafür entschuldigt sich die Redaktion – leider zu oft.

Fehler zu erklären fällt schwer. Ich tue es wieder, weil Leser an Fähigkeiten von Redakteuren zweifeln oder ihnen mangelnde Sorgfalt vorwerfen. Mit der folgenden Situationsschilderung will ich nichts rechtfertigen, aber manches erklären.

Eine Zeitung ist kein Buch. Sie entsteht mehr denn je unter Zeitdruck. Denn digitale Medien sind in der Lage, Nachrichten während ihrer Entstehung in sogenannter Echtzeit zu verbreiten. Dadurch ist das Zeitfenster arg klein geworden. Zeitungsredaktionen müssen aktuellen Nachrichten noch Hintergründe hinzufügen, um bei Erscheinen am folgenden Tag nicht nur längst Bekanntes zu verbreiten. Das erfordert mehr Recherche. Hinzu kommt, dass nicht mehr nur für die Zeitung gearbeitet wird, sondern auch für das Internet, hier mainpost.de. Um zukunftsfähig zu sein, müssen alle digitalen Medien, selbst Smartphones, für Journalismus mediengerecht genutzt werden. Trotzdem bleibt Weiterentwicklung für Zeitungen unerlässlich, zumal sie allesamt Auflage verlieren. Junge Leute abonnieren selten Zeitungen. Und Abonnenten leben nicht ewig. Überdies schmelzen Werbeeinnahmen dahin.

Das ist kein Jammern, sondern die Schilderung von Umständen. Die unterwerfen die Anforderungen an Redaktionen einem steten Wandel. Ziel: Guter Journalismus muss finanzierbar in die Zukunft gebracht werden. Das ist für ein freiheitlich demokratisches Staatswesen schlechthin konstituierend – erklärte einst das Bundesverfassungsgericht im „Spiegel“-Urteil. Das gilt in einer verwirrenden Fülle von Informationen aus allen Kanälen heutzutage umso mehr.

Rechnet man gedruckte Zeitungen und ihre digitalen Kanäle zusammen, so werden damit mehr Menschen als jemals zuvor erreicht. Die Suche nach Geschäftsmodellen für diese Reichweite läuft seit Jahren.

Dieser Schilderung füge ich hinzu, dass Fehler zu allen Zeiten gemacht worden sind. Sie werden nie ganz auszuschließen sein. Inhaltlich sinnentstellende Passagen – wenn sie vorkommen – werden sofort berichtigt. Richtigkeit geht vor Schnelligkeit. Fehler dürfen nie zu unvermeidlichen Zeiterscheinungen werden.

 
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Kommentare
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  • simpel81
    Ich prophezeihe hier: "finanzierbarer" Qualitäts-Journalismus ist mit den Geschäftsmodellen großer Verlagshäuser nicht kompatibel. Nicht, so lange das Shareholder-Value Prinzip über allem steht und wie ein Damokles-Schwert ständig droht, die Leserschaft vom mehr als mangelhaften Output einer unfreien, lobby-hörigen vor dem rad-brüchigen Wagen des Hauses gespannten Redaktion, zu spalten.
    "Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein." (Karl Marx)
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  • antonsah
    .... ich wüsste nicht, bei welchen Verlagshäusern das Shareholder-Value Prinzip über allem steht. Hier bei der Main-Post jedenfalls nicht. Die Verlagshäuser müssen Wirtschaftsunternehmen sein und strecken sich angesichts der gewaltigen strukturellen Veränderungen nach der Decke. Sie streben nach einer finanzierbaren Zukunft für den Journalismus. Und Klassenkampf bringt uns dabei nicht weiter. Ein zeitgemäßes Geschäftsmodell konnte uns leider auch Karl Marx nicht hinterlassen.
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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