Wir können nicht gut nachvollziehen, warum der Wahlkampf in den USA einen solchen Stellenwert einnimmt“, fragt mich ein Rottendorfer auch im Namen seiner Frau. „Wir brauchen gute Nachrichten“, schreibt er, „die Wachstum fördernd sind und Energien freisetzen für den Alltag.“
Das ist ein frommer Wunsch, den Redakteure öfter hören: eine Zeitung, gefüllt mit guten Nachrichten. Mir erschließt sich jedoch nicht, warum der Wahlkampf in den Vereinigten Staaten zu den negativen Nachrichten zählen soll. Es handelt sich doch zunächst einmal um wertfreie Informationen über ein spannendes Ereignis, das in der gesamten Welt auf immenses Interesse stößt. Also auch bei uns. Schließlich dürfte der US-Präsident die einflussreichste Person in der Weltpolitik sein.
Ich denke, unsere Redaktion liegt richtig mit der starken Darstellung des gegenwärtigen Vorwahlkampfes – so wie die meisten Medien. Zumal gerade dieses Mal ein Politikwechsel mit der Wählerentscheidung erwartet wird, einer, dessen Folgen uns betreffen können. Wo die Grenze zwischen positiv und negativ oder zwischen förderlich und nicht förderlich liegt, das entscheidet sich ohnehin individuell, nämlich beim Empfänger der Nachricht. Bestes Beispiel ist die vorliegende Bewertung des US-Wahlkampfes.
Diese Zeitung sieht sich der Wirklichkeit verpflichtet. Zu ihr gehört allemal das, was als negativ oder als dem Wachstum nicht förderlich empfunden werden könnte. Eine Auswahl der Nachrichten danach, ob sie gut für die Leserschaft sind, wäre lupenreine Manipulation. Das würde ebenso für einen Verzicht auf das Negative gelten. Menschen sollen in einem freiheitlichen Staatswesen verantwortlich und selbstbestimmt handeln können. Dazu müssen sie rundum informiert sein. Es kennzeichnet totalitäre Staaten, dass man Medien auferlegt, nur das zu verbreiten, was die Machthaber für förderlich halten.
Das meint unser Ehepaar natürlich nicht. Es nennt unsere Familienserie, die es ansprechend findet, weil „viel alltägliche Mühe ins rechte Licht gerückt wird“. So wollen sie gerne mehr über Menschen lesen, die sich in ihrem Beruf bewähren. Letzteres unterstelle ich für die meisten Berufstätigen, weil ich positiv denke. Dennoch, liebe Rottendorfer, wir haben Euch verstanden. Selbst wenn wir weiter den US-Wahlkampf beobachten, soll nichts von Eurer Energie verloren gehen.