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UNTERFRANKEN
Der Leseranwalt: Die Zeit von „nachdem“ ist abgelaufen, wenn in einem Satz nur etwas zu begründen ist
Redaktion
 |  aktualisiert: 01.06.2014 21:54 Uhr

Nachdem ich mehr als sechs Wochen mit meiner Tätigkeit als Leseranwalt ausgesetzt habe, melde ich mich zurück. Auch ich nehme nun wieder Beschwerden, Zustimmungen oder wichtige Hinweise an. Als erste Ansprechpartner empfehle ich dafür aber stets die jeweils zuständigen Redakteure. Erst wenn es danach noch nötig ist, sollten Sie sich an mich wenden.

Nachdem Kritik, Lob und gelegentlich Konflikte zu gutem Journalismus gehören, rufe ich meine Dienste wieder in Erinnerung. – Erkennen Sie, warum dieser letzte Satz sprachlich nicht korrekt ist? Wenn ja, müssen Sie eigentlich nicht mehr weiter lesen.

Die Erklärung: Nachdem ich zweimal mit dem Bindewort (Konjunktion) „nachdem“ Absätze begonnen habe, könnte es Ihnen beim Lesen unangenehm aufgefallen sein. Das gilt vor allen Dingen für das zweite Mal. Genau auf dieses Wort und seinen Gebrauch hat mich ein Leser wiederholt hingewiesen. Seiner Meinung nach wird es von der Redaktion oft falsch genutzt. Er zitiert folgenden Satz aus einer Polizeimeldung: „Nachdem der Mann in Schlangenlinien fuhr, wurde er von einer Polizeistreife kontrolliert.“ Ironisch fügt er hinzu, dass die Kontrolle während der Fahrt in Schlangenlinien wohl zu gefährlich gewesen wäre.

„Nachdem“ drückt in einem gegliederten Satz aus, dass etwas zuvor geschehen ist. Es hat eine zeitliche Funktion, anders als das Bindewort „weil“. Letzteres steht vor begründenden oder erläuternden Gliedern eines Satzes. Weil in der Nachricht mit den „Schlangenlinien“ und der „Polizei“ der zeitliche Ablauf klar ist, tritt die begründende Funktion in den Vordergrund. Deshalb wäre es besser gewesen, zu schreiben, „weil der Mann in Schlangenlinien gefahren war, wurde er …“.

Zu häufigen Ausrutschern im Sprachgebrauch von „nachdem“ kommt es wahrscheinlich, weil das Wort auch begründend eingesetzt werden kann. Dann muss es aber gleichzeitig eine zeitliche Dimension beschreiben. Beispiel: „Nachdem das Sommerwetter lange auf sich warten lässt, verlieren viele Leute das Interesse an Grillabenden.“

Am Ende korrigiere ich meinen selbst eingebauten Ausrutscher: „Weil Kritik, Lob und Konflikte auch zum guten Journalismus gehören, rufe ich meine Dienste wieder in Erinnerung.“ Und nachdem ich sie nun angeboten habe, freue ich mich auf Zuschriften. Rückblickend bis 2004 melde ich mit einem Adverb (Umstandswort): „Seitdem ich meine Dienste als Leseranwalt anbiete, erreichen mich regelmäßig begründete Kritiken und wertvolle Hinweise von Lesern.“ Danke. Weiter so.

 
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  • Anton.Sahlender@mainpost.de
    ... da stimme ich Ihnen zu. Dieses "aller Zeiten" sollte in glaubwürdigem Journalismus nicht vorkommen. Wo haben Sie es den wieder gefunden...?
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • lon*wa
    Für mich gravierender sind die zunehmend hellseherischen Fähigkeiten, auch in der MP,,
    in denen die Vergangenheit und die Zukunft einbezogen werden"....aller Zeiten".
    Da anscheinend schon alle Superlative ausgereizt sind, komt nun als "größtmöglicher" Superlativ nur noch "...aller Zeiten" in Betracht
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