Ein hohes Rechtsgut ist auch für Medien der Schutz von Kindern und Jugendlichen. Nicht Volljährige (18. Lebensjahr) dürfen grundsätzlich nicht ohne Einwilligung ihrer Erziehungsberechtigten abgebildet werden. Das gilt auch für die 14-jährige Tochter von Boris Becker, Anna Ermakova. Es ist aber davon auszugehen, dass deren Mama sehr wohl damit einverstanden war, als das Mädchen am 21. Januar in vielen Medien als Model eines Mode-Unternehmens dargestellt wurde.
Dennoch führte die ausführliche Präsentation in dieser Zeitung unter der Überschrift „Boris Beckers Tochter als Hingucker“ auf Seite 14 zu einer kontroversen Diskussion in der Redaktion. War der Beitrag mit großem Foto in diesem Umfang notwendig? Mussten die Körper-Maße des Mädchens genannt werden? Einige Journalisten halten letzteres für sexistisch und für die Vorstellung einer 14-Jährigen unangemessen – auch wenn sie als Model auftritt.
Der Artikel ist überdies eine neuerliche Darstellung der einstigen außerehelichen Affäre ihres Vaters Boris und deren Folgen. Das ist Promi- bzw. Boulevard-Journalismus. Der hat auf der Seite „Aus aller Welt“ seinen Platz und ist dort häufiger zu finden. Der Beitrag wirkt, als wollte man den Becker-Spross groß herausbringen. Die Leserschaft nutzt solche Geschichten erfahrungsgemäß gut.
Bleibt dennoch die Frage: Muss das Mädchen so ausführlich dargestellt werden? Und das in Zeiten, in denen Pädophilie als großes Problem erkannt ist. Das soll kein Vergleich sein, eher ein vorbeugender Denkansatz. Natürlich ist die junge Anna nicht der erste Kinderstar, der sich in den Medien wiederfindet. In der Kunst und im Sport sind sie seit jeher vertreten, ohne dass jemand Anstoß daran nimmt.
Noch eine Frage: Warum sollen Medien ein Kind schützen, für dessen öffentliches Auftreten schon Erziehungsberechtigte die Verantwortung übernommen haben? Und die Darstellung in dieser Zeitung oder auf mainpost.de ist gewiss nicht geeignet, die Entwicklung der jungen Anna zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden. Andernfalls könnte die Redaktion mit der Rechtsprechung in Konflikt kommen.
Journalistisch wäre es aber ausreichend gewesen, den Auftritt des Laufsteg-Sternchens mit einer Nachricht zu registrieren statt mit einem umfassenden Beitrag. Eine Zugabe hätte es sein können, eine nachdenkliche Einschätzung hinzuzufügen. Eine andere, unbedenkliche Online-Darstellung, ohne Körpermaße, ist weiterhin erreichbar. Hier: www.mainpost.de/8532402