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UNTERFRANKEN
Der Leseranwalt: Artikel mit Selbstverständlichkeiten in der Überschrift überblättern viele Leser einfach
Redaktion
 |  aktualisiert: 24.02.2014 09:15 Uhr

Was macht eine Überschrift gut, was schlecht? Das fragen sich wohl auch Leser, die zuweilen Überschriften als unzutreffend oder reißerisch kritisieren. Täglich vor der Veröffentlichung und danach drehen sich in Redaktionen viele Gespräche um diesen wichtigen Teil ihrer Arbeit. Dazu ein Beispiel, das jüngst in die Diskussion kam. Am Samstag, 8. April, lautete die prominenteste Überschrift auf der Titelseite: „Polizei will Einbruchserie stoppen“.

„Es ist doch selbstverständlich, dass die Polizei Einbrecher stoppen muss.“ So lauteten während einer Redaktionskonferenz kritische Einwände gegen diese Schlagzeile. Und Beiträge, überschrieben mit Selbstverständlichkeiten, werden kaum gelesen, eher überblättert. Das wissen Journalisten aus mehr als einer Untersuchung.

Gegenstimmen machten geltend, dass es sich um keine Selbstverständlichkeit handelt, weil diese Überschrift eine lang anhaltende und stark beachtete Serie von Einbrüchen in unserer Region angesprochen hat, über die schon zuvor mehrfach berichtet wurde. Sie mache nun erkennbar, dass die Polizei ganz gezielt dagegen vorgeht. Darauf habe man gewartet. Immerhin erreichten die Redaktion zu der Einbruchserie Kommentare beunruhigter Leser.

Ich nutze die Gelegenheit, einige wenige aus einer Vielzahl von Kriterien zu nennen, die in Redaktionen für Überschriften gelten.

Sie sollen konkret sein, damit sie eiligen Zeitgenossen sofort zeigen, ob es sich um ein Thema handelt, das sie interessiert. Es ist gut, wenn sie das Neue der Nachricht betonen. Bereits Bekanntes oder anhaltende Entwicklungen ziehen kaum Leser in einen Text (etwa: „Energiewende weiterhin umstritten“). Der erste Blick entscheidet, lautet ein Motto, das die Bedeutung von Überschriften deutlich machen soll. Denn was nutzt der beste Text, wenn die Überschrift nicht zum Lesen reizt?

Prominente Namen erhöhen die Zahl der Leser deutlich. Zur Todsünde wird es freilich, wenn Boris Becker groß drüber steht, er im Text aber nur eine unbedeutende Nebenrolle spielt. Schließlich muss der Artikel die Aussage der Überschrift inhaltlich decken. Das ist doch bei der Einbruchserie bestens erfüllt. Sie wird dem Sachverhalt gerecht.

Nicht nur in Internet-Suchmaschinen erzielen Reizworte große Wirkung, nein, auch in der Zeitung. Sie entspringen oft aus Skandalen und Konflikten mit Promis und werden bestens gelesen. Daraus erwächst die Gefahr der Skandalisierung von Schlagzeilen. Das heißt, Journalisten müssen diesem Reiz widerstehen. Skandal darf nur drüber stehen, wo Skandal drinnen ist.

 
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