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Brutale Tritte und was Günter Netzer schon 2006 gesagt haben soll
Redaktion
 |  aktualisiert: 19.06.2012 17:09 Uhr
Zu: „Brutale Tritte gegen die Opfer, die am Boden liegen: Das Grauen entsteht im Kopf“:

Sehr geehrter Herr Sahlender,
Ihren Bericht zu diesem Thema möchte ich um einen – wie mir scheint – ganz wichtigen Punkt ergänzen. Denn das „Grauen“ entsteht nicht nur im Kopf, sondern wird durch Worte auch gefördert.
So hat bereits 2006 (20.06.2006) Günter Netzer als Co-Moderator neben Gerhard Delling im ARD nach dem Fußballspiel zwischen England und Schweden sich wie folgt geäußert: „Schweden hat es nicht verstanden, dem Gegner, der bereits am Boden lag, den Todesstoß zu versetzen.“
(Das Spiel endete 2:2.) Diese Äußerung vor einem Millionen-Publikum fand, soweit ich es mitbekommen habe, kein Echo in den Medien. Auch die MAIN-POST hat damals diese ungeheuerliche Kommentierung nicht einmal erwähnt, geschweige denn kritisiert. Diese Aufforderung zur Gewalt jedoch, die in der Äußerung Netzers steckt – den „Todesstoß“ zu versetzen, ist doch allerhöchste Gewalt!-, nivelliert in den Köpfen der Zuschauer und Zuhörer das, was man Menschen, die am Boden liegen, antut. Wie sehr in der deutschen Sprache „Gewalt“ erodiert und die Medien hier aktiv dabei sind, erkennt man auch daran, dass Netzer und Delling 2 Jahre später den „Medienpreis für Sprachkultur“ für „ihr hohes sprachliches Niveau“ erhielten, und dies noch ausgerechnet von der Gesellschaft für deutsche Sprache.
Mit freundlichen Grüßen
XXXXXXXXXXXXXX

Ich habe kurz geantwortet:
Sehr geehrter Herr XXXXXXXXX,
vielen Dank für ihre bemerkenswerte Zuschrift.
An der Netzer-Äußerung mögen Sie erkennen, wie schnell in der vielfältigen und stark beschleunigten Medien-Landschaft auch das Vergessen ist.
Auch ich finde die Netzer-Äußerung unerträglich. Andererseits kann man sicher davon ausgehen, dass Herr Netzer keinen Aufruf zur Gewalt damit beabsichtigt hat. Es war eher unbedacht dahingesagt. So manches rutscht mal so raus beim Live-Kommentieren. Wohltuend wäre es, wenn darauf - gerade vor Millionenpublikum - eine Entschuldigung folgen würde.
Auch der Sportjournalismus hat sich früher leider mitunter eines Kriegsvokabulars bedient. Diese Zeiten sind aber vorbei. Heute finden sich in dieser Hinsicht nur noch gelegentliche kritikwürdige Ausrutscher.
Und ich denke und hoffe, dass Herr Netzer zu jener Zeit nur ein Grauen in den Köpfen der Leute erzeugt hat, die sensibel mit Sprache umgehen.
Bleiben Sie uns als kritischer Leser gewogen.
Mit freundlichen Grüßen
Anton Sahlender

 
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