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Beschwerde-Ablehnungen des Presserates: Wenn öffentliches Interesse schwerer wiegt als Persönlichkeitsrechte
Redaktion
 |  aktualisiert: 16.12.2021 10:59 Uhr

Entscheidungen des Deutschen Presserates über Beschwerden gegen die Redaktion sind aufschlussreich, selbst dann, wenn sie zurückgewiesen werden. Das galt jetzt für diese Zeitung in vier Fällen, die für Leser interessant sein können.

Erstaunt hat, dass eine Frau durch eine Mitteilung, auf die Sportler meist stolz sind, ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sieht: Ein von ihr 2008 erzieltes Sportergebnis ist noch mit ihrem Namen im Internet unter www.mainpost.de abrufbar. Der Presserat stellt aber klar: Wer an Sportereignissen teilnimmt, muss mit dieser Veröffentlichung rechnen. Wer sie nicht wolle, müsse sich mit dem Veranstalter auseinandersetzen, der die Ergebnisse meist an Medien weitergebe. Eine Prangerwirkung entstehe dadurch nicht.

Über ein Hitler-Zitat („Nur der ist zur Kritik berechtigt, der eine Aufgabe besser lösen kann“) urteilte der Presserat so: Dessen Veröffentlichung verletze weder das Ansehen der Presse, noch würden Grenzen sittlichen Empfindens überschritten. Aber streiten könne man darüber, ob es notwendig war, das Zitat in einer Kolumne zum Thema „Kritik“ zu verbreiten. Kontrovers diskutiert hatte das auch die Redaktion. Obwohl zulässig, habe ich die Veröffentlichung hier in meiner Kolumne am 20. Mai als unnötig eingeordnet („Zitate von Nazi-Größen sind in kritischer Auseinandersetzung mit der Geschichte gerechtfertigt“).

Sein Leserbrief sei unbefugt an Dritte gelangt, beschwerte sich ein anderer Leser. Tatsächlich ist der Brief aber lediglich an den zuständigen Redakteur weitergereicht worden. Das, so versichert der Presserat, sei möglich. Innerhalb einer Zeitung gelte das Redaktionsgeheimnis für alle Redakteure gleichermaßen.

Zweimal wurde der Redaktion die Verletzung von Persönlichkeitsrechten vorgeworfen, wegen des Beitrages „Drogen: Ex-Freund der getöteten Simone Strobel festgenommen“, der auch auf mainpost.de zu finden ist. Name und Details zu der vor sieben Jahren in Australien getöteten Frau würden wieder erwähnt, hieß es in den Beschwerden. Der Presserat erkennt aber öffentliches Interesse, das in diesem Fall Persönlichkeitsrechte überwiegt. Es gehe um ein ungeklärtes Tötungsdelikt. Der nun festgenommene Ex-Freund sei weiter Hauptverdächtiger. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Drogentat, die zur Festnahme geführt habe, möglicherweise im Zusammenhang mit dem unaufgeklärten Tod in Australien stehe.

Gegen eine weitere, zunächst abgelehnte Beschwerde wurde inzwischen Widerspruch eingelegt. Darüber entscheidet der Presserat neu. Ich komme danach darauf zurück.

 
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Kommentare
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  • mdeeg
    Selbst der SWR berichtete bereits heute morgen!

    Versucht, die Mainpost hier die 'Persönlichkeitsrechte' zu schützen durch Nichtberichten!?
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  • giraffe
    daß der ?Leseranwalt? auf ihren letzten Satz,im Kommentar etws aussagt? 3xLach.
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  • antonsah
    ... die Beschwerde an den Presserat kam nicht von Angehörigen. Können Sie sich nicht vorstellen, dass Angehörige sogar stark an der Aufklärung eines Falles interessiert sein könnten und in einem solchen Fall nichts gegen identifizierende Veröffentlichungen hätten? Wenn es anders wäre, würden wir Rücksicht nehmen. Im Übrigen: auch wenn der Tötungsfall in Australien stattgefunden hat: Opfer und Begleiter waren dort touristisch unterwegs, sind aber aus unserer Region. Die hiesige Staatsanwaltschaft ermittelt. Ansonsten freue ich mich über Ihre ethische Unterstützung, meine aber, dass es grundsätzlich besser ist, mit einem gute Nacht zu warten, bis es wirklich Nacht wird.
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • Es gibt sogar Anzeichen für ein gestiegenes Bewusstsein für ein ausgewogenes Verhältnis von öffentlichem Interesse und Persönlichkeitsschutz - und zwar, weil sich die Interessen des Medien-Konsumenten wandeln.

    Allein wenn ich das Rezeptions-Verhalten meiner Kinder und deren Freunde angucke, ist hier ein Paradigmenwechsel (im Vergleich zu unserer Generation) sichtbar. - Mit anderen Worten: Das Problem könnte sich von allein lösen.
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  • des Presserats (soweit erkennbar) für richtig.

    Bei S.Strobel bin ich ganz anderer Meinung. Der Satz ...

    "Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Drogentat, die zur Festnahme geführt habe, möglicherweise im Zusammenhang mit dem unaufgeklärten Tod in Australien stehe."
    .. ist arg an den Haaren herbei gezogen. - Es müsste doch dann auch so was wie Opferschutz geben.

    Man stelle sich das mal vor: Da heiratet der ehemalige Freund einer Frau, die möglicherweise von ihm getötet wurde, eine andere Frau, und die Angehörigen müssen in der Zeitung den Namen ihrer Tochter lesen, die nun gar nichts mit der neuen Heirat und einem Rauschgift-Delikt zu tun hat, das irgendwo zwischen D und NL stattfand. - Merke: Das Opfer wurde in Australien getötet.

    WÄRE das Opfer damals bei einem vergleichbaren Rauschgiftdeilkt in D/NL zu Tote gekommen, KÖNNTE man erwägen, sie namentlich zu nennen. - Wenn das durchgeht, dann gute Nacht.
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  • Wenn Ihr Tochter unter mysteriösen Umständen ums Leben kommen würde und Sie und der Rest der Welt überzeugt wären , der Ex- Freund könnte, unabhängig von einer Beteiligung, für Aufklärung sorgen, würden Sie dann auch so sprechen?

    Nein dieser Bericht ist Opferschutz, nicht ausführlich zu berichten, wäre Täterschutz!

    Und ja die zukünftige Familie muß erfahren was sie sich eingehandelt hat.
    Sie hat ja auch noch eine Tochter........
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  • Falls die Angehörigen ausdrücklich einverstanden sind, dann ja. - Aber davon sollte man es abhängig machen.
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  • giraffe
    Heutige MP recherchieren und die Öffentlichkeit aufklären,wäre so ähnlich wie den Teufel mit dem Belzebub austreiben;das ist lächerlich hoch3. Ihr Ansinnen, @isschoogud, ist zwar gut gemeint,aber bitte nicht die ""Rechercherchenkünstler""" der MP damit beauftragen.Vor Jahren gab es noch bei der MP solche fähigen Redakteure,die das bewerkstelligt hätten.Der größte Teil dieser Spezies hat sich aber zu Schreiberlingen zurückmutiert. Das ist die heutige MP.
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  • antonsah
    ... die Schreiberlinge sind dankbar für konstruktive Leser-Kritik. Eben mal so hingeworfene pauschale Bissigkeiten helfen kaum. Aber wenn es einem Absender gut tut, sei's drum...
    Staatsanwäte sind bei der Main-Post tatsächlich nicht beschäftigt. Dennoch haben Kollegen gerade im hier diskutierten Fall nachweislich viel Aufklärungsarbeit geleistet...
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • Ich kann die Main Post nur bitten, weiter im Fall Simone Strobel zu recherchieren
    und die Öffentlichkeit aufzuklären.
    Simone hat eine Aufklärung verdient. Da sich der Ex-Freund für unschuldig erklärte, muß eine lückenlose Aufklärung auch in seinem Sinn sein.
    Unabhängig von dem, was ich persönlich von dem Burschen und seinem ganzen Verhalten denke.
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