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LESERANWALT
Bei der Europameisterschaft eine Weltmeisterschaft übersehen
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 27.04.2023 01:56 Uhr
Eine Kritik von Leser G.P. erinnert mich an einen Fauxpas, der 2013 Schlagzeilen gemacht hat. Waldemar Hartmann, einstiger TV-Fußballreporter, bekannt auch als "Waldi", wurde bei einem Quiz als Experte konsultiert. Siehe da: er wusste in dieser Situation nicht, dass Deutschland 1974 im eigenen Land Fußball-Weltmeister geworden war. Daran hatten andere Journalisten in darauf folgenden Veröffentlichungen helle Freude.
 

Der wiederholte Triumph

Am 2. Juli 2016, stand unter der Überschrift  „Ein Trainer unter Artenschutz“ in der Main-Post:

„Noch nie ist es einem Weltmeister gelungen, seinen Triumph vier Jahre später zu wiederholen.“ (Online auch am 8.7. noch nachzulesen)

Leser G.P. hat diese Feststellung entdeckt. Er schreibt dem Autor:

„Fußball ist doch Ihr Metier. Da sollte man doch wissen, dass Brasilien 1958 und 1962 Weltmeister wurde.“

Ja, was G.P. über Brasilien mitteilt, das stimmt. Die Feststellung war folglich falsch.
Wer in dieser Zeitung eine brasilianische Weltmeisterschaft übersieht, kommt nicht gleich - wie damals "Waldi" - in die Schlagzeilen. Vielleicht, muss der Autor aber noch den Bundestrainer informieren, damit der fortan nicht die erste Verteidigung des WM-Titels anstrebt, sondern gleich eine Welturaufführung des WM-Triple.
 

Herrn G.P. sei gedankt

Spaß beiseite. Die Qualifikation eines Reporters muss über diese WM-Fehlgriffe nicht gleich angezweifelt werden. Aber so manche Überprüfung der Fakten vor einer Veröffentlichung ist dringend notwendig. Das gilt auch für die Redakteure, von denen die Beiträge aus Frankreich gegengelesen werden. Zu ihren Aufgaben gehört es, Fehler zu verhindern. So sei hier mindestens Herrn G.P. für seine Aufmerksamkeit gedankt, und dafür, dass er den Fehler kenntlich gemacht hat.
 

Noch nie hat jemand ...

Herrn G.P. ist noch mehr aufgefallen: Er echauffiert sich über einen „zunehmenden Statistik-Wahnsinn“. Wörtlich:

„Noch nie hat jemand in sechs Minuten in einem EM-Spiel zwei Tore geschossen. Noch nie hat jemand in 12 Minuten in einem EM-Spiel drei Tore geschossen. Noch nie hat jemand in 17 Minuten fünfmal aufs Tor geschossen und viermal daneben, 64 Prozent Ballbesitz, Einwurfverhältnis 7:5, usw..“

Übertreibt G.P.?


Berechtigte Zweifel

Der Kritiker zweifelt an der Relevanz der vielen statistischen Werte, die der Journalismus dem Fußball abgewinnt. Solche Zweifel am Wert dieser Zahlen sind berechtigt. Aber sie gehören längst verstärkt zum Fußball, folglich auch zur Berichterstattung darüber. Wer sie nicht will, muss zu anderen Sportarten wechseln. Aber diese Empfehlung berührt ein anderes Konfliktthema, das ich heute ausspare.
 

Der Stil eines Hau-drauf

Da schreibe ich lieber aktuell etwas zur Kritik, die mir Herr W.R. zu einem EM-Kommentar vom 4.7. geschickt hat:

  „Einwurf / Diesmal liegt Scholl falsch“.  

W.R. meint dazu, es könne zutreffen, das Mehmet Scholl - nach subjektiver Wertung des Kommentators dieser Zeitung - mit seiner im TV geäußerten Kritik am Bundestrainer und dessen Berater falsch lag. Aber mit der Wortwahl, den in Akzentuierungen zum Ausdruck gebrachten persönlichen Angriffen torpediere der Autor die eigene Glaubwürdigkeit mit dem "billigen" Stil eines "Hau-drauf". (Siehe Abbildung)
Kommentar zu Mehmet Scholl       -  Ein Kommentar zur Meinung von Mehmet Scholl.
| Ein Kommentar zur Meinung von Mehmet Scholl.





 



Schräge Töne

Ich denke, Scholl hat mit seiner TV-Kritik so in den Wald hineingerufen, wie es nun aus einigen Medien herausgeschallt hat. So auch in diesem. Dass Scholl dadurch freilich

"zum wiederholten Mal verhaltensauffällig“
 

geworden sei, ist eine Wortwahl im Kommentar dieser Zeitung, die zu Missverständnissen führen könnte. Sie wäre besser vermieden worden. Diese Formulierung wird sonst bekanntlich recht oft für kranke Menschen eingesetzt. Krankheit ist aber Intimsphäre, folglich tabu. Und Scholl ist überdies wohl kerngesund.
Nicht alles, was dem Journalismus rechtlich erlaubt ist, muss man moralisch gut finden. Und nicht jeder schräge Ton, der eine Redaktion von außen erreicht, sollte gleichermaßen erwidert werden.

Anton Sahlender, Leseranwalt
 
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