Wolfgang Heubisch hat seinen Traumberuf gefunden: bayerischer Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Da wäre es schade, wenn er ihn nach den Landtagswahlen im Herbst 2013 wieder verlöre. Der 66-Jährige indes hat keine Bedenken. „Die FDP schafft die Fünf-Prozent-Hürde, die bürgerliche Koalition wird weiterregieren.“ Und Heubisch bleibt Minister. Nicht irgendeiner, sondern der für Wissenschaft, Forschung und Kunst. „Das ist mein Ziel, da bin ich selbstbewusst.“
Dass Politiker Zuversicht ausstrahlen, gehört zum Job. Ein bisschen Autosuggestion darf auch dabei sein. Bemerkenswert aber ist die Gelassenheit, mit der Wolfgang Heubisch beim Besuch im Presseclub Mainfranken mit Journalisten plaudert. Da spricht einer, dem das Amt sichtlich Freude bereitet, der aber auch ein Leben vor und neben der Politik kennt.
Heubisch ist gebürtiger Münchner – mit familiären Wurzeln in Erlenbach (Lkr. Main-Spessart), wo der Urgroßvater Georg Dietz Lehrer war und Ehrenbürger ist. Heubischs Onkel Lothar und Elmar Dietz waren bekannte Bildhauer. Der Minister selbst absolvierte nach dem Abitur eine Banklehre und studierte Betriebswirtschaft, weil er für Zahnmedizin„nicht die Noten“ hatte. Doch schließlich klappte es doch noch: Heubisch wurde Zahnarzt, promovierte – und eröffnete eine eigene Praxis. Er engagierte sich in der Zahnärztekammer, wurde deren bayerischer Vizepräsident, später Präsident des Verbandes freier Berufe und Vizepräsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. „Ich war Lobbyist, das ist für mich überhaupt kein Schimpfwort.“
Als solcher traf Heubisch Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre regelmäßig den CSU-Gesundheitspolitiker Horst Seehofer. Die Diskussionen waren heftig, aber die Kontrahenten lernten sich schätzen. Der Minister lacht. „Man sieht sich zweimal im Leben.“ Das Miteinander im Kabinett sei nach Anfangsschwierigkeiten „offen und gut“. Und die regelmäßigen inhaltlichen Wendungen des Chefs? „Ja mei.“ Heubisch nimmt's mit einem Schulterzucken.
Der 66-Jährige macht sein Ding. Sein Ministerium sei ein „Diamant“. Bei den Koalitionsverhandlungen 2008 sei es darum gegangen, ob die FDP neben dem „großen Wirtschaftsressort“ noch das „kleine Justiz- oder das kleine Wissenschaftsministerium“ bekommt. Entgegen vieler Erwartungen entschieden sich die Liberalen für Letzteres – und damit für Heubisch. „Nichts gegen Beate Merk“, aber die Justizministerin könne hin und wieder „mal ein Gefängnis eröffnen“, er aber erlebe „Spitzenforschung“, „großartige Künstler von der Hochkultur bis zum Trachtenverein“. Dafür sei er im Freistaat so viel unterwegs „wie kein anderer Kabinettskollege“.
Heubisch ist vom mainfränkischen Kulturangebot begeistert – und er weiß um die Leistungsstärke der beiden Hochschulen, der FH Würzburg-Schweinfurt und der Uni Würzburg. „Die Ausbaumöglichkeiten am Hubland, die zentrale Lage in Deutschland und die Anziehungskraft für internationale Forscher, das passt hervorragend.“ Der Freistaat habe in den vergangenen Jahren auch viel dafür getan. Niemand könne sagen, das Geld fließe nur nach München.
Jüngster Coup ist die Ansiedlung einer Forschungsgruppe der Max-Planck-Gesellschaft für Systemimmunologie in Würzburg. Der Wissenschaftsminister will sich nicht mit fremden Federn schmücken, sagt er. „Max Planck entscheidet eigenständig.“ Im Vorfeld habe es aber sehr wohl Gespräche gegeben, in denen der Freistaat die Bedeutung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen für Nordbayern deutlich gemacht habe. Nun werde nicht nur der Forschungsstandort Würzburg gestärkt, auch Studenten profitierten in der Lehre.
Womit die Plauderrunde dann auch beim Thema Studiengebühren angelangt ist. „Die FDP bleibt standfest“, versichert Wolfgang Heubisch. „Aus Überzeugung.“ Die Beiträge – rund 180 Millionen Euro pro Jahr in Bayern – hätten die Studienbedingungen deutlich verbessert, sie seien sozial ausgewogen – „und gerecht“. Wichtiger sei, die frühkindliche Bildung kostenfrei zu stellen. Einem Medizinstudenten, dem der Staat die Ausbildung „mit über 50 000 Euro finanziert“ sei zumutbar, dass er sich mit zehn Prozent an den Kosten beteiligt. Auch Meister zahlten schließlich für die Ausbildung, „selbst die Volkshochschule nimmt Gebühren“.
Was aber passiert, wenn die CSU nach einem erfolgreichen Volksbegehren der Opposition die Gebühren, wie angekündigt, abschaffen will? „Dann werden wir sehen.“ Heubisch demonstriert auch hier Gelassenheit. Ein vorzeitiges Koalitionsende sieht er nicht. Die CSU sei gefordert, „wir haben unsere Meinung ja nicht geändert“, sagt der Minister. Mehr aber auch nicht. Er könnte jetzt poltern, etwa gegen den Würzburger CSU-Hochschulexperten Oliver Jörg, der bis vor einem Vierteljahr noch an seiner Seite für die Beiträge einstand, mittlerweile aber eingeknickt ist. Aber er tut es nicht. „Ich verstehe es nicht, aber ich will keine Schärfe“, sagt Heubisch. „Wir arbeiten ansonsten gut zusammen.“
Da ruht einer in sich selbst. Und es überrascht auch nicht, dass er seiner Partei für die Landtagswahl aus heutiger Sicht utopische „acht Prozent plus x“ prophezeit. Nach der Niedersachsen-Wahl werde man die „notwendige Neuordnung“ vornehmen, „dann schaffen wir das“. Notwendige Neuordnung? Die Journalisten fragen gar nicht mehr nach. Ganz selbstverständlich scheint zu sein, dass dann Brüderle für Rösler kommt. Und die Liberalen wiederauferstehen.
Aber auch, wenn's mit der Fünf-Prozent-Hürde nicht klappt, um Wolfgang Heubisch braucht sich niemand Sorgen zu machen. Man wird den 66-Jährigen dann eben wieder öfter sehen beim Squash mit den Kumpels, beim Joggen im Englischen Garten, beim Flanieren über die Kunst- und Wissenschaftsmeile im heimatlichen Schwabing – und im übrigen Bayern. Er kennt sich dort jetzt nämlich aus.