AfD-Spitzenkandidat Hans-Olaf Henkel sieht seine Partei als Opfer einer Kampagne von Medien und etablierten Parteien. Dennoch sagt er einen Siegeszug in Bund und Ländern voraus
Hans-Olaf Henkel: Auf meine alten Tage in die Politik zu gehen, war etwas, das ich nicht vorhatte. Ich erlebe sehr großes Interesse und unglaublichen Enthusiasmus. Mein Eindruck von den Leuten, die in unsere Veranstaltungen kommen, ist, dass sie aus der Mitte der Gesellschaft kommen und ein sehr hohes Bildungsniveau haben, weit über dem Durchschnitt der Bevölkerung und dem der anderen Parteien. Was mich bedrückt, verärgert und auch verbittert, ist die mediale Begleitung der Partei und meiner Person.
Henkel: Es ist offensichtlich den Altparteien gelungen, einige bedauerliche Einzelfälle, die es in dieser Partei leider gibt – und wahrscheinlich auch in jeder anderen – immer wieder so zu verallgemeinern, dass man das Schild umgehängt bekommt, wir seien rechtspopulistisch. Dagegen müssen wir dauernd ankämpfen. Jede zweite Veranstaltung wird gestört. Da gibt es Antifa-Typen, die einfach Krach machen wollen. Aber auch Idealisten, die glauben, sie müssten was dagegen tun, uns hochkommen zu lassen. Das bestürzt mich, weil sie meiner Meinung nach Opfer dieser medialen Kampagne sind.
Henkel: Nein. Ich habe mich da ein bisschen eingearbeitet. Der Begriff „entartet“ wurde das erste Mal von einem jüdischen Pflanzenforscher im 19. Jahrhundert verwendet. Er wurde dann von den Nazis verwendet und danach auch oft von Politikern anderer Parteien. Es ist aber als einzigem Politiker nur Herrn Lucke jetzt so ergangen. Das ist ein schönes Beispiel, dass alle Parteien etwas sagen dürfen, nur wir nicht.
Henkel: Das sind zwei wunderschöne Beispiele für unzulässige Verallgemeinerungen. Das mit Nordkorea war ein kleiner Kreisverband, der hat seine eigenen Plakate gemacht und die mangelnde Demokratie in Nordkorea ein bisschen mit der in der EU verglichen. Ich halte das für eine satirische Übertreibung. Dieses kleine Plakat wurde begierig von der Presse als typisch für die Plakate der AfD dargestellt.
Henkel: Das Wort Kampagne habe ich nicht benutzt.
Henkel: Was ich sagen will, ist, dass auch die Medien Opfer der Strategie der Altparteien sind. Am Anfang haben sie von der Professorenpartei geschrieben, dann von der Ein-Themen-Partei. Nun sagen die Altparteien, das ist eine rechtspopulistische Partei. Es gibt in Deutschland eine Methode, Organisationen und Personen zu erledigen. Das ist, sie an den rechten Rand zu schieben. Haben Sie das Europawahl-Programm der AfD gelesen? Sie können mit der größten Lupe nichts finden, was uns in die rechte Ecke drängt. Im Gegenteil. Sie finden dort viele liberale Elemente, die Sie in keiner anderen Partei mehr finden.
Henkel: Sie wissen, dass ich mal für den Euro war. Der Grund für meinen Meinungswechsel liegt im Meinungswechsel der Politik. Sie hat sämtliche Versprechen gebrochen, die sie bei der Euro-Einführung gegeben hat. Wir beschreiben drei Möglichkeiten, aus dem Euro rauszukommen, sagen aber, das ist verdammt schwer. Aber jede dieser Alternativen ist besser als ein Weiter-so. Der Euro ist zu stark für den Süden geworden, einschließlich der französischen Regierung. Es gibt nicht einen einzigen Währungsverbund in der Geschichte, der gehalten hat, die sind alle wieder aufgelöst worden.
Henkel: Ich sage gern, das ist das Einzige, was mich im gesamten Europawahl-Programm persönlich stört. Aber auch ich halte die Kritik an mangelnder Transparenz für berechtigt und habe mich von Juristen belehren lassen, dass die umstrittenen Schiedsgerichte Unsinn sind.
Henkel: Zunächst werden wir ins Europaparlament mit mindestens sechs Abgeordneten einziehen. Da kommen zum ersten Mal Leute mit Kompetenz rein: Wir haben alle was erreicht in unserem Leben. Dann kommen drei Landtagswahlen in Ostdeutschland, da haben wir schon bei der Bundestagswahl weit über fünf Prozent bekommen. In fünf Jahren werden wir in allen Landtagen sichtbar sein. Mein Traum ist, dass der Nachfolger von Frau Merkel nach der nächsten Bundestagswahl auf eine andere bürgerliche Partei angewiesen ist. Dann wäre Lucke unser Finanzminister.
Hans-Olaf Henkel
Der Manager, in Hamburg geboren, begann seine Karriere 1962 bei IBM Deutschland, 1987 wurde er dort Deutschlandchef, später Europachef des IT-Konzerns. Bekanntheit erreichte Henkel von 1995 bis 2000 als Chef des Bundesverbands der Industrie. Bis 2005 war er Vorsitzender der Leibniz-Forschungsgesellschaft. Der 74-Jährige galt lange Zeit als FDP-nah, 2011 wandte er sich den Freien Wählern zu, im Sommer 2013 trat der Eurokritiker der AfD bei. Seit März ist er stellvertretender Parteichef. Ende April wurde bekannt, dass Henkel der AfD für den Wahlkampf ein Darlehen in Höhe von einer Million Euro gab. FOTO: Ulrich Wagner