Die Wunder ruhn, der Fußballhimmel ist vorerst verschlossen. So lässt sich, frei nach dem „Dichter der Nation“ Friedrich Schiller, seit Sonntagnachmittag, 17.17 Uhr, die Lage bei den Würzburger Kickers beschreiben. Nichts war?s mit dem „Wunder von Bernd, Teil 2“. Das Fußballmärchen in der fränkischen Provinz bleibt nach der 4:1-Niederlage gegen Bundesliga-Aufsteiger VfB Stuttgart ohne Happy End. Trainer Bernd Hollerbach muss mit seinen Rothosen den schmerzlichen Gang zurück in die dritte Liga antreten.
Natürlich überwiegt im Augenblick die Trauer bei Mannschaft, Verantwortlichen und Fans – auch wenn der Abstieg nach einer sieglosen Rückrunde alles andere als überraschend kommt. Doch die erste Enttäuschung sollte rasch der ebenso trotzigen wie selbstbewussten Feststellung weichen, dass die Kickers ungeachtet des aktuellen sportlichen Rückschlags in den vergangenen drei Jahren Unglaubliches im Fußball-Hinterland Würzburg geschaffen haben.
Profifußball ist für eine Stadt ein lukratives Geschäft
Der furiose Durchmarsch von der Regionalliga in die Zweite Bundesliga hat in der ganzen Region eine kaum für möglich gehaltene Begeisterung entfacht. Und im Rest der Republik haben Sportinteressierte die fabelhafte Entwicklung am Dallenberg mit Staunen und Respekt zur Kenntnis genommen. Plötzlich war überall im Land bei Gesprächen mit Freunden, Bekannten und Geschäftspartnern nicht nur von Wein, Residenz oder Mozartfest die Rede, wenn das Gespräch auf Würzburg kam. Nein, die Kickers standen nun ganz oben auf der Smalltalk-Themenliste. Einen besseren und vor allem günstigeren Werbeträger hätte sich die unterfränkische Universitätsstadt kaum wünschen können.
Ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen Vorteilen. Denn die Erste und Zweite Bundesliga bietet längst mehr als die Faszination von Tempofußball, Taktik und Toren. Profifußball ist ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor. Laut einer McKinsey-Studie aus dem Jahr 2015 erzeugt das professionelle Spiel mit der 450 Gramm schweren Kunststoffkugel eine jährliche Wertschöpfung von 7,9 Milliarden Euro.
„Jeder Euro Wertschöpfung bei den Klubs generiert 2,60 Euro bei anderen Systembeteiligten aus der deutschen Wirtschaft“, heißt es in der Untersuchung. Dazu gehören Einzelhändler, Dienstleister, Infrastruktur- und Bauunternehmen, Gastronomie, Sicherheitsdienste, Polizei, Feuerwehr und Cateringdienste sowie Vermarkter, Ausrüster und Medienunternehmen. Für die Macher der Studie besteht kein Zweifel: „Unterm Strich ist es ein lukratives Geschäft für eine Stadt, einen Profifußballclub zu beheimaten.“
Die Region muss hinter den Kickers stehen
Diese Erkenntnis scheint sich im Würzburger Rathaus allerdings noch nicht in allen Amtszimmern herumgesprochen zu haben. Zumindest klagen die Kickers-Verantwortlichen nicht ganz grundlos über mangelnde Unterstützung durch Verwaltung und Kommunalpolitik.
Vorstandsvorsitzender Daniel Sauer jedenfalls hat nicht nur die „nicht nachvollziehbaren Auflagen, die wir von Abteilungen der Stadt wie Feuerwehr oder Bauaufsicht erhalten“, ziemlich satt. Genauso wie sein Aufsichtsratsvorsitzender Thorsten Fischer. Der wichtigste Sponsor und Motor des Profifußball-Projekts bei den Kickers könnte vor diesem Hintergrund schnell die Lust verlieren und sich zurückziehen, orakelte Sauer vor ein paar Wochen öffentlich.
Das sind keine besonders guten Vorzeichen für die „Mission sofortiger Wiederaufstieg“. Dennoch: Das ambitionierte Kickers-Vorhaben kann gelingen, wenn die Region es wirklich will – und alle wichtigen Entscheidungsträger mehr als bisher an einem Strang ziehen. Es wäre dabei durchaus hilfreich, den folgenden Hinweis von Friedrich Schiller zu bedenken: „Wir könnten viel, wenn wir zusammenstünden.“