Union und SPD genießen bei den Wählern viel weniger Vertrauen als früher. Die sogenannte Große Koalition ist in Wahrheit ziemlich gerupft. Vor allem die Sozialdemokraten tragen schwer an dem Bündnis mit den Schwarzen, das ihr eine Wahlniederlage nach der anderen eingebracht hat. Dabei ist die Koalition besser als ihr Ruf, wie schon im Sommer eine Studie der Bertelsmann-Stiftung ergeben hat. Würde sie im bisherigen Tempo weiterarbeiten, könnte sie am Ende der Wahlperiode 2021 fast alle ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag erfüllen.
Die SPD kann zum Beispiel für sich die Abschaffung der Kindergarten-Gebühren für Familien mit schmalem Geldbeutel, die Streichung des Solidaritätszuschlags ab 2021 für 90 Prozent der Steuerzahler und die Nachschärfung der Mietpreisbremse für sich reklamieren. Dennoch gelingt es der Partei nicht, diese Erfolge als die ihren zu verkaufen. Die Genossen haben ein Kommunikationsproblem, was mit der schlechten Stimmung innerhalb der SPD zu tun hat. Missmutigen fliegen aber keine Herzen zu.
In der Politik zählen unter dem Strich einzig und allein Wahlergebnisse. Das ist die harte Währung, in der abgerechnet wird. Die fehlende Zuversicht lassen einen Teil der Partei von der Erneuerung in der Opposition träumen oder von echter linker Politiker in einem rot-rot-grünem Bündnis. Beide Hoffnungen sind trügerisch. Bei einem vorzeitigen Ausstieg aus der Koalition gewänne die SPD vielleicht ein Jahr. Denn wenn sie das Bündnis platzen ließe, wäre nicht am ersten Januar Schluss, sondern eine Übergangszeit samt Wahlkampf würde vereinbart. Die Wähler würden also frühestens im Sommer nächsten Jahres über einen neuen Bundestag entscheiden. Das ist ziemlich genau zwölf Monate vor den regulären Wahlen 2021.
Die Gefahr als Drückeberger noch mehr Vertrauen zu verspielen, ist groß. Wegen der Marxisten bei der Linken mit ihrer Ablehnung von Nato und EU ist an eine Regierungsbeteiligung dieser Partei nicht zu denken. Die SPD sollte abwarten und mit dem neuen Spitzenduo im letzten Jahr der GroKo nach und nach in den Wahlkampf übergehen.