Der Blüm'sche Satz von der sicheren Rente bekommt in Zeiten gewaltiger Überschüsse in der Rentenkasse einen ganz neuen Wert. Rund 24 Milliarden Euro haben die gesetzlichen Rentenversicherer in den vergangenen Jahren angesammelt. Der Finanzchef der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund in Berlin, Ulrich Reineke, muss mitten in der europäischen Banken- und Finanzkrise dieses Geld bestmöglich verwalten. Wobei ihm das Sozialgesetz, das Bundesversicherungsamt und der Bundesrechnungshof enge Grenzen setzen.
„Mein Geschäft ist es“, sagt Reineke, „dass das Geld möglichst sicher ist.“ Die Profitabilität der Anlage ist absolut zweitrangig. „Mehr Rendite heißt mehr Risiko einzugehen, das mache ich nicht“, versichert Reineke. Griechische Staatsanleihen kamen und kommen also nicht infrage.
Die Deutsche Rentenversicherung ist ein konservativer Anleger. Auch nach Beginn der Bankenkrise 2008 operierte sie mit Erfolg auf dem Geldmarkt. „Wir haben keinerlei Verluste realisiert“, sagt Reineke. Das liegt zum einen daran, dass die Milliarden fast ausschließlich als Termin- oder Tagesgelder mit einer durchschnittlichen Laufzeit von 90 Tagen angelegt sind. Zum anderen sind Aktien, sonstige Firmenanteile, Fonds mit Aktienanteilen und Wandelschuldverschreibungen mit Aktienwahlrecht für die DRV-Finanzverwalter tabu.
Außerdem sind die Gelder auch im deutschen Bankensystem gestreut. Die DRV verfügt über Geschäftskonten bei 45 Kreditinstituten – bei Sparkassen und Landesbanken, bei privaten und bei Genossenschaftsbanken. Um zusätzlich sicher zu gehen, werden bei einer Bank auch niemals mehr als 30 Prozent von deren haftendem Eigenkapital angelegt.
Ulrich Reineke Finanzchef der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund
Trotz sicherheitsbewusster Anlagestrategie und historisch niedrigen Zinsniveaus nimmt die Rentenversicherungen mit ihrem Kapital immer noch Geld ein. Im vergangenen Jahr waren es 268 Millionen Euro an Zinsgutschriften. Die aktuelle Rendite (Juni 2012) ist mit 0,6 Prozent zwar historisch gering, aber, so hebt Reineke hervor, sie lag in den vergangenen sechs Monaten über dem Zinssatz, den Banken derzeit zahlen würden, wenn sie sich Geld von einer anderen Bank leihen. In den Vorjahren bewegten sich beide Werte auf nahezu gleichem Niveau.
Braucht die Rentenversicherung überhaupt so viel Geld? Reineke sagt ja, weil damit Einnahmeschwankungen ausgeglichen werden, ohne permanent an der Beitragsschraube drehen zu müssen. Er verweist zugleich auf gesetzliche Grenzen nach unten und nach oben. Wird die finanzielle Reserve zu hoch, muss der Beitrag gesenkt werden, wird sie zu klein, muss er wieder steigen.
Maßstab dafür sind die Monatsausgaben der Rentenversicherung. Die errechnen sich aus den gesamten Ausgaben abzüglich des Bundeszuschusses sowie sonstiger Erstattungen und Ausgleichszahlungen. Für 2011 errechnete sich so eine Monatsausgabe von ziemlich genau 17 Milliarden Euro.
Die erlaubte Obergrenze liegt bei eineinhalb Monatsausgaben. Sie wird allem Anschein bald wieder erreicht werden, obwohl erst zu Jahresbeginn der Beitragssatz von 19,9 auf 19,6 Prozent gesenkt wurde. Deshalb wird seit Kurzem die nächste Senkung auf 19,0 Prozent diskutiert.
Die gerade noch zulässige Untergrenze für die Rücklage liegt bei 0,2 Prozent. In deren Nähe – wie vor wenigen Jahren noch passiert – will Reineke möglichst nie mehr kommen: „Das bringt mich an den Rand der Verzweiflung“, sagt er. Ein gesetzliches Minimum von einer halben Monatsausgabe ließe ihn viel ruhiger schlafen.
Riester-Zulage kommt bei Geringverdienern an
Von der staatlichen Förderung für die Riester-Rente profitieren nach Angaben der Rentenversicherung zum Großteil Gering- und Durchschnittsverdiener. Fast ein Drittel der Empfänger der staatlichen Zulage für die private Altersvorsorge hätten ein Jahreseinkommen von weniger als 10 000 Euro, erklärte die Rentenversicherung am Donnerstag in Berlin. Dies stehe nicht im Widerspruch zu Zahlen, wonach der Anteil von Riester-Sparern in Geringverdiener-Haushalten geringer ist als in Haushalten mit hohen Einkommen. Überlegungen in der Regierungskoalition, die Riester-Rente transparenter und attraktiver zu machen, sollen im Herbst mit einem ersten Gesetzentwurf Gestalt annehmen. Für Riester-Verträge gibt es eine jährliche Grundzulage des Staates bis zu 154 Euro, wenn der Sparer vier Prozent seines Bruttogehalts für die private Altersvorsorge aufwendet. Für Sparer mit Kindern gibt es weitere Zulagen. Rund 70 Prozent der Zulageempfänger hätten ein jährliches Durchschnittseinkommen von weniger als 30 000 Euro. „Die Zulagenförderung kommt in erheblichem Umfang bei den Geringverdienern an“, sagte Sabine Ohsmann von der Deutschen Rentenversicherung Bund, die für die Zentrale Zulagenstelle eine Auswertung von deren Daten für das Jahr 2008 vornahm. Zwei Fünftel der Empfänger hätten zudem Kinder. Diese Zahlen stünden nicht im Widerspruch zu Studien, wonach von den Geringverdiener-Haushalten ein kleinerer Anteil als bei Besserverdienenden eine private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente abgeschlossen hat. Die Beteiligungsquote sei bei niedrigen Einkommensgruppen geringer als bei den hohen, sagte der Leiter der Zulagenstelle, Ulrich Stolz, unter Verweis auf Untersuchungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Demnach hat jeder sechste Geringverdiener-Haushalt eine Riester-Rente abgeschlossen.
Seit Einführung der Riester-Rente 2002 flossen Gesamtbeiträge von rund 45 Milliarden Euro in entsprechende Verträge zur Altersvorsorge. Rund zwei Drittel der Summe seien in Verträge mit Versicherungsgesellschaften gegangen. In der Gesamtsumme seien staatliche Zulagen von 13,3 Milliarden Euro enthalten. Nach Angaben des Arbeitsministeriums gibt es rund 15,5 Millionen Riester-Verträge. Damit haben etwa 40 Prozent aller förderberechtigten rund 38 Millionen Personen einen solchen Vertrag. Eine zuletzt auf 18,5 Prozent gestiegene Zahl von Riester-Verträgen ruht nach Angaben der Zulagenstelle aber: Dann fließen weder Beiträge noch Zulagen. In der Öffentlichkeit stehen Riester-Verträge immer wieder in der Kritik. Experten streiten sich über die Rendite, die Kosten für die Sparer und die Frage, ob die private Rente im Alter die Absenkung des Niveaus der gesetzlichen Rente tatsächlich auffangen kann. Text rtr