„Wer zahlt, schafft an“, sagt der Volksmund. Gezahlt hat im Falle von fünf Forschungsprojekten an der Universität Würzburg das US-Verteidigungsministerium. Seit dem Jahr 2000 über 3,2 Millionen US-Dollar. Der Umgang der Hochschule mit dem nicht alltäglichen Geldgeber aus Washington wirft Fragen auf.
Die Würzburger Forscher kamen laut Universitätspressesprecher Georg Kaiser in allen Fällen über Kooperationen mit amerikanischen Wissenschaftlern an die Gelder aus dem Pentagon. Die Forscherkollegen aus den Vereinigten Staaten, unter anderem von der Universität Stanford, hätten bei „öffentlichen Ausschreibungen“ von Stellen des US-Verteidigungsministeriums Anträge eingereicht. Arbeitsgruppen der Universität Würzburg hätten dann jeweils Unteraufträge bekommen, die unter anderem aus Mitteln der DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) und des US Department of the Navy finanziert wurden.
Dabei habe es sich immer um „reine Grundlagenforschungsthemen“ gehandelt, „die eine militärische Nutzung ausschließen“, so Kaiser auf Anfrage dieser Zeitung weiter. Gleichzeitig wird allerdings bestätigt, dass es „nicht absehbar“ sei, wie die Forschungsergebnisse der Uni Würzburg konkrete Anwendung finden könnten. Das Pentagon habe jedenfalls nicht erkennen lassen, welchen Nutzen man sich von den Ergebnissen aus Würzburg verspreche.
Blindes Vertrauen
Weiterhin ist man sich sicher, dass die „Grundlagenforschungsprojekte dem Leitbild der Universität entsprechen“, in dem man sich auch „humanitären Zielen“ verpflichtet hat. Gleichzeitig bestätigt die Uni, dass „die Annahme von Geldern für militärische Forschung“ in Würzburg „nicht verboten“ ist.
Widersprüche? Unter anderem mit dieser Frage hätte diese Zeitung gerne auch Uni-Präsident Professor Alfred Forchel konfrontiert. Doch der Physiker Forchel, dessen Arbeitsgruppen in einige der Projekte selbst involviert waren, ließ ausrichten, dass er nicht vor Mitte nächster Woche für ein persönliches Gespräch zur Verfügung stehe, und verwies auf die Antworten der Pressestelle auf einen Fragenkatalog der Redaktion.
Darin wird unter anderem zur Frage, ob die Uni Würzburg davon ausgeht, dass vom US-Verteidigungsministerium finanzierte Forschungen ausschließlich zivilen Zwecken dienen, erklärt: „Die DARPA verfügt über einen Haushaltsansatz für Projekte im militärischen Bereich“ – dabei soll es sich um 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr handeln – „und einen Ansatz für Mittel im (zivilen) Grundlagenbereich“ über zwei bis drei Milliarden US-Dollar jährlich. „Aus Letzterem werden offene Grundlagenforschungsprojekte finanziert, unter anderem die Projekte an der Universität Würzburg.“
Informationen kamen auch von Forchels Kollegen, dem Experimentalphysiker Professor Laurens Molenkamp, der unter anderem darauf verwies, dass man nie eine Geheimhaltungserklärung unterzeichnen musste (wir berichteten), was bei militärischen Forschungszwecken doch zu erwarten gewesen wäre.
Das klingt ein bisschen nach blindem Vertrauen der Würzburger Wissenschaftler gegenüber dem US-Militär nach dem Motto: Wenn die Amerikaner nicht explizit darauf hinweisen, dass die Forschungsergebnisse militärisch genutzt werden sollen, kann es sich nur um zivile Zwecke handeln.
„Keine Bedenken“
Eine Prüfung der Verträge zu den US-finanzierten Forschungsprojekten durch das Justiziariat der Uni Würzburg hat laut Pressesprecher Kaiser „keine Bedenken“ ausgelöst. Ob man genauso bedenkenlos Mittel aus Verteidigungsministerien anderer Staaten annehmen würde? Aus China zum Beispiel? Oder aus Russland? Forschungsgelder aus dem deutschen Verteidigungsministerium, wie sie in den Jahren 2000 bis 2010 insgesamt 48 andere deutsche Hochschulen bekamen, flossen jedenfalls nach Kaisers Informationen nicht nach Würzburg.
Ob Ministerien anderer Staaten als Deutschland und den USA Forschungen an der Uni Würzburg finanzieren, konnte der Pressesprecher „in der Kürze der Zeit nicht komplett“ beantworten. Allerdings bestätigt er unter anderem die Unterstützung japanischer Forschungsinstitute im Bereich der Halbleiterforschung und Projekte in den Geisteswissenschaften, für die Mittel aus Indien bereitgestellt worden seien.
„Man kann nie ausschließen, dass ein Forschungsergebnis irgendwann für militärische Zwecke genutzt wird. Also dürfte man gar nicht mehr forschen.“ – Ein Totschlagargument, das in den vergangenen Tagen vor allem aus akademischen Kreisen zu hören war. Doch geht es bei der aktuellen Diskussion natürlich nicht um die Frage, ob an der Uni Würzburg und anderswo Forschung betrieben werden darf, sondern darum, wer sie finanziert – und wie transparent man mit diesen Informationen umgeht. Dass 22 deutsche Hochschulen und Institute seit 2000 rund zehn Millionen US-Dollar an Zuschüssen aus dem Pentagon bekamen, kam erst nach entsprechenden Medienrecherchen in einer öffentlichen US-Datenbank ans Licht.
Nein, man kann der Uni Würzburg wohl nicht vorwerfen, dass sie direkt zu militärischen Zwecken forscht. Die Unbedarftheit, mit der sie die legale Bezuschussung aus dem US-Verteidigungsministerium erklärt, ist allerdings unter ethischen Gesichtspunkten zumindest fragwürdig: Wie Jürgen Altmann, Friedensforscher und Physiker an der TU Dortmund, betont, habe der US-Kongress schon vor Jahrzehnten beschlossen, „dass bei Aufträgen, die vom Pentagon kommen, eine mögliche militärische Nutzung gegeben sein muss, auch wenn es sich zunächst nur um Grundlagenforschung handelt“. Es gebe nur eine Ausnahme: den Fachbereich Medizin. Der war bei den Würzburger Projekten allerdings nicht betroffen.