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Macron war aus Sicht der Finanzmärkte der ideale Kandidat
Börse in Frankreich       -  Die französische Börse hat am Montag positiv auf den Sieg Macrons reagiert.
Foto: Langsdon,dpa | Die französische Börse hat am Montag positiv auf den Sieg Macrons reagiert.
Das Gespräch führte Thomas Domjahn
 |  aktualisiert: 01.06.2017 03:33 Uhr

Für den Finanzexperten Maximilian Kunkel bedeutet die Wahl von Emmanuel Macron zum französischen Präsidenten mehr Sicherheit an den internationalen Börsen.

Frage: Herr Kunkel, kann der Wahlsieg von Emmanuel Macron in Frankreich den europäischen Börsen neuen Schwung geben?

Maximilian Kunkel: Ja. Vom Programm her war Macron aus Sicht der Finanzmärkte der ideale Kandidat. Er hat sich klar für Freihandel, Globalisierung, wirtschaftliche Reformen und die europäische Integration positioniert. Jetzt muss sich zeigen, ob sich die angekündigten Reformen umsetzen lassen. Es ist ein Unterschied, ob man sich im Kampagnenmodus oder im Regierungsmodus befindet. Und es ist ja noch offen, ob er eine Parlamentsmehrheit im Rücken haben wird. Zumindest sind durch die Niederlage von Marine Le Pen die politischen Risiken an den europäischen Börsen zurückgegangen. Jetzt können sich die Anleger wieder auf die Fundamentaldaten wie die Gewinnerwartungen konzentrieren – und diese sind im Moment sehr gut, so dass wir mittelfristig von weiter steigenden Kursen ausgehen.

Warum sind dann gestern die Börsen in Frankreich und Deutschland nicht gestiegen?

Kunkel: Relativ viel des Wahlsiegs von Macron war schon in den Kursen eingepreist, da sein Sieg zu erwarten war. Das größere Risiko war der erste Wahlgang, wo eine Stichwahl zwischen der Rechtspopulistin Marine Le Pen und dem Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon drohte.

Können europäische Aktien langfristig gegenüber amerikanischen Aktien aufholen?

Kunkel: Europa hat zwar Wachstumspotenzial, ist aber auch nach dem Wahlsieg von Macron immer noch krisenanfällig. Vor allem Italien ist hier zu nennen. Auch deshalb sehen wir in den USA höhere Chancen auf steigende Kurse.

Die Kurse der großen amerikanischen Technologiekonzerne wie Apple, Microsoft und Google haben in letzter Zeit neue Höchststände erreicht. Droht uns eine Internetblase?

Kunkel: Nein. Die hohen Kurse sind durch das Gewinnwachstum gerechtfertigt. Gerade digitale Zukunftstechnologien wie Cloud-Computing, Big Data (die Analyse großer Datenmengen) und Mobile Advertising (Werbung über mobile digitale Kanäle) bergen weiterhin viel wirtschaftliches Potenzial.

Sollten Privatanleger lieber taktisch agieren oder einfach breit in einen Aktienfonds investieren?

Kunkel: Die Basis sollte immer eine breite Diversifikation über verschiedene Branchen und Regionen hinweg sein. Darüber hinaus sollte man Opportunitäten taktisch ausnutzen und gewisse aussichtsreiche Bereiche übergewichten. Wir sehen zum Beispiel Wachstumspotenzial in den Sektoren Pharma, Finanzen, Energie und Technologie. Bei den Regionen sehen wir vor allem in den USA und spezifisch in den Schwellenländern in China, Brasilien und Russland Chancen.

Wie werden sich die Zinsen entwickeln?

Kunkel: Wir gehen davon aus, dass es in den USA in diesem Jahr noch zwei Zinserhöhungen geben wird und im nächsten Jahr drei weitere Zinsschritte folgen werden. In Europa glauben wir, dass die Europäische Zentralbank im September ankündigen wird, den Aufkauf von Staatsanleihen zu drosseln. Die Leitzinsen werden aber wohl erst 2018 nach dem Auslaufen des Aufkaufprogramms von Staatsanleihen wieder steigen. Vermutlich will die EZB erst beobachten, ob der derzeitige Anstieg der Inflation nachhaltig ist.

Gibt es eine Alternative zu Aktien?

Kunkel: Viele aktienscheue Sparer setzten vor allem auf Staatsanleihen, verlieren dadurch aber viel Rendite. Eine Alternative dazu sind Unternehmensanleihen. Zudem sollten Anleger darauf achten, nicht nur Anleihen aus dem Heimatmarkt, sondern auch aus anderen Ländern zu kaufen.

Sind Rohstoffe wie Gold, Getreide oder Rohöl auch eine Alternative?

Kunkel: Rohstoffe sind sehr volatil und bringen relativ wenig Rendite. Deshalb raten wir dazu, direkt Aktien von Rohstoffunternehmen zu kaufen, wenn man sich in diesem Bereich engagieren will.

Zur Person

Maximilian Kunkel, 35 Jahre, wurde in Buenos Aires geboren und wuchs in München auf. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften in London und Barcelona wechselte er 2006 zur Schweizer Großbank UBS. Dort ist er seit Anfang des Jahres Chefanlagestratege für Deutschland. Domjahn/FOTO: UBS
 
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