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Leitartikel: Zwei Verlierer und drei Gewinner
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 30.08.2016 03:28 Uhr

Das hatten sich Frank Henkel und Lorenz Caffier wirklich schön ausgedacht. Die Innenminister von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, die beide als Spitzenkandidaten der CDU bei den Landtagswahlen im September die SPD-Amtsinhaber Michael Müller und Erwin Sellering ablösen wollen, wollten sich kurz vor der Wahl als entschlossen, zupackend und durchsetzungsstark präsentieren. Als Politiker, die die Ängste der Bürger aufgreifen und alles tun, um Sicherheit zu erhöhen. Der Bundesinnenminister und die Amtskollegen von CDU und CSU sollten sie dabei demonstrativ unterstützen und in einer „Berliner Erklärung“ die Kernkompetenz der Union bei der inneren Sicherheit unübersehbar zur Geltung bringen.

Doch der Schuss ging für Henkel und Caffier nach hinten los. Der erste Entwurf ihres Papiers wurde öffentlich und nicht nur von der politischen Konkurrenz, sondern sogar von den eigenen Spitzenleuten zerrissen. Die Bundeskanzlerin und Parteichefin distanzierte sich ebenso von den Forderungen nach einem Komplettverbot der Vollverschleierung und einer Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft wie der Bundesinnenminister. Auch Länderkollegen wie CDU-Vize Thomas Strobl schwächten die Positionen ab. In die Endfassung brachte es nur noch ein Burkaverbot „light“.

Andere Forderungen, die nicht umstritten waren, für eine tatsächliche Erhöhung der inneren Sicherheit in diesem Land aber sinnvoll und notwendig sind, gingen hingegen in der parteiinternen Debatte um die Burka völlig unter. Dass der Bund wie die Länder deutlich mehr Polizisten brauchen, und zwar nicht nur auf der Straße, sondern auch im Kampf gegen die Cyberkriminalität, bezweifeln nicht einmal mehr die Grünen. Das allerdings müssen die Innenminister nun auch bei ihren Finanzministern durchsetzen – der Stellenabbau war nicht zuletzt eine Folge der Schuldenbremse.

Unterm Strich sind die Positionen der „Berliner Erklärung“, die erst einmal nur ein gemeinsames Positionspapier der Unionsminister ohne gesetzgeberische Konsequenzen darstellen, realistischer als im ersten Entwurf, der eher einer Wünsch-Dir-Was-Liste mit viel Symbolik glich. Für Henkel und Caffier aber kommt dies einer Niederlage gleich. Vor ihren Wählern stehen sie als Männer da, die viel gefordert, aber wenig erreicht haben und deren Einfluss in der eigenen Partei überschaubar ist.

Angela Merkel wie Thomas de Maiziere ist ein Konsens mit dem Koalitionspartner SPD auf Bundesebene wichtiger als eine Profilierung der Landesminister mit zwar populären, aber nicht mehrheitsfähigen Forderungen, selbst wenn sie im Wahlkampf stehen. Ohnehin sind die Chancen Henkels und Caffiers, Regierender Bürgermeister beziehungsweise Ministerpräsident zu werden, gering, beiden fehlen die Koalitionspartner für eine Mehrheit.

So zeigt sich einmal mehr, dass es für die Union nichts bringt, wenn sie die Populisten von der AfD rechts überholen und deren Forderungen einfach übernehmen will. In der öffentlichen Wahrnehmung gilt die Merkel-Partei als uneinig und zerstritten, während sich die AfD in beiden Ländern auf hohem Niveau stabilisiert. So gibt es am Ende der Debatte mit Frank Henkel und Lorenz Caffier zwei Verlierer, aber drei Gewinner: die SPD-Amtsinhaber Erwin Sellering und Michael Müller – und die AfD.

 
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