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Leitartikel Warum Fliegen nicht dauerhaft teurer wird
Von Stefan Stahl red.politik@mainpost.de
 |  aktualisiert: 20.01.2018 02:58 Uhr

Luftfahrt ist ein Mega-Wachstumsmarkt. Die Zahlen sind beeindruckend: Wurden zuletzt weltweit jährlich rund 3,8 Milliarden Fluggäste gezählt, sollen es 2035 sogar 7,2 Milliarden sein. Daher ist die Nachfrage nach Flugzeugen immens.

Der europäische Hersteller Airbus, der in Deutschland direkt und indirekt Zehntausende Arbeitsplätze sichert, sieht sich einem gigantischen Auftragssegen ausgesetzt. Die Beschäftigten des Konzerns, ob in Toulouse oder Hamburg oder Augsburg, können bei einem Orderbuch von 6616 Flugzeugen beruhigt schlafen.

Auch dem lange Zeit kränkelnden Lufthansa-Konzern geht es viel besser. So könnte 2017 für die Airline zum Jahr der Rekorde werden. Die Zeiten roter Zahlen gehören unter dem erfolgreichen Chef Carsten Spohr der Vergangenheit an. Die deutsche Airline konnte sich mehr Luft gegenüber Billigfliegern wie Ryanair und Easyjet auf der einen und staatlich subventionierten Golf-Fluggesellschaften wie Emirates auf der anderen Seite verschaffen. Dazu hat beigetragen, dass die Lufthansa mit Eurowings selbst eine immer besser in Fahrt kommende Billig-Gesellschaft aufgebaut hat – ein riskanter, aber bisher gelungener Schachzug.

Billig-Assoziationen passen nicht zur Lufthansa

Riskant ist die Aktion, weil Lufthansa eine für Wertigkeit und hohe Qualität stehende Marke ist. Billig-Assoziationen passen dazu nicht. Aber einstweilen funktioniert die Doppelstrategie als eine Art Daimler-Opel-Mix. Dass Eurowings bei den Kunden ankommt und gerade auf innerdeutschen und -europäischen Strecken eine gute Zukunft vor sich hat, geht auch auf das Versagen des Konkurrenten Air Berlin zurück.

Die Airline war viel zu schnell gewachsen – ob durch den Kauf der dba, von LTU oder den Einstieg bei Niki. Air-Berlin-Gründer Joachim Hunold hatte sich übernommen. Er wollte alles sein, Anbieter für Geschäftsreisen und Ferienflieger. Das konnte auf Dauer nicht gut gehen.

Verbraucher müssen das Scheitern von Air Berlin auf innerdeutschen Strecken derzeit in Form teurerer Tickets bezahlen. Dahinter steckt das kleine Abc der Marktwirtschaft. Weil nach der Air-Berlin-Pleite und den Bedenken der europäischen Wettbewerbshüter reichlich Maschinen am Boden stehen, ist das Angebot für Passagiere knapper geworden. Umgekehrt steigt vor Weihnachten die Nachfrage nach Flügen. Daher ziehen die Lufthansa-Preise im Schnitt an.

Europa-Konkurrenz könnte den deutschen Platzhirsch ärgern

Ein ärgerlicher, aber normaler Vorgang. Wird das jetzt die neue deutsche Flug-Realität? Wohl kaum. Führende heimische Luftfahrt-Experten wie Peter Pletschacher und Andreas Spaeth glauben, dass sich die Lage im kommenden Jahr zugunsten der Verbraucher entspannen könnte. Dann wird es zwar wegen des Versagens von Air Berlin keinen großen deutschen Konkurrenten für die Lufthansa geben. Aber die Chancen sind gut, dass zwei, drei europäische Airlines den deutschen Platzhirsch preissenkend ärgern.

Die britische Airline Easyjet fängt damit an. Es ist auch damit zu rechnen, dass der irische Rivale Ryanair endlich den Mut fasst, in Deutschland Lufthansa und Eurowings derart massiv wie auf den Strecken in Europa anzugreifen. Findet sich dann noch ein Käufer für die gestrauchelte Niki, könnte insgesamt wieder ein vernünftiger Wettbewerb entstehen.

Dass die Lufthansa es schafft, zu alten monopolistischen Zeiten zurückzukehren, ist unwahrscheinlich. Dafür werden schon die hartnäckigen europäischen Wettbewerbshüter sorgen. Aber weil der Luftverkehr weltweit – und dabei gerade in Asien – weiter stark wächst, hat auch eine wieder attraktivere Lufthansa Chancen, global Marktanteile zu gewinnen. Und das alles spricht für langfristig sichere Jobs in der Branche.

 
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