Wo sind sie nur geblieben, all die Vordenker der CDU? Die Kabinettsmitglieder machen ihre Arbeit, halten sich aber ansonsten zurück. Die Ministerpräsidenten bescheiden sich mit ihrer Rolle in der Landespolitik und treten in Berlin kaum in Erscheinung. Nicht einmal der Parteinachwuchs gibt sich aufmüpfig. Bleibt nur CSU-Chef Horst Seehofer, der die große Schwester vor sich hertreibt und ihre Schwäche nutzt, um vom Betreuungsgeld über die Flexi-Quote bis zur Pkw-Maut seine Interessen durchzusetzen.
Die CDU im Jahre sieben der Kanzlerschaft von Angela Merkel: Oben dreht die Regierungs- und Parteichefin einsam ihre Kreise, bei den Wählern angesehen, in der eigenen Partei unangefochten, doch dahinter tut sich eine ungewohnte Leere auf, die durch den Rausschmiss ihres Umweltministers und Stellvertreters im Parteiamt, Norbert Röttgen, noch größer geworden ist. Röttgen hinterlässt eine Lücke im Parteiengefüge, die nur schwer zu schließen ist. Elf Jahre jünger als Merkel, verkörperte der smarte 46-Jährige im Gegensatz zu den Mittfünfzigern Ursula von der Leyen und Thomas de Maiziere bereits die nächste Generation. Zudem stand er wie kein anderer für ein mögliches schwarz-grünes Bündnis und damit für eine neue Mehrheit jenseits der klassischen Lager.
Es wird einsam um Angela Merkel in der CDU. Und ruhig, auch wenn die frustrierte Basis auf Regionalkonferenzen ein Forum erhalten soll, Dampf abzulassen. Über Inhalte, den Kurs und das Programm wird an der Spitze der Partei schon lange nicht mehr diskutiert, in den Präsidiums- und Bundesvorstandssitzungen geht es meist nur um Nebensächlichkeiten. Kritik an der Politik der Chefin ist unerwünscht. Wer sie dennoch übt, wird abgebürstet. Der konservative Flügel der CDU ist bis zur Unkenntlichkeit verkümmert, kaum besser sieht es mit dem Wirtschaftsflügel aus.
Einen prominenten Kopf mit einem klaren Profil sucht man seit dem Abgang von Friedrich Merz seit 2007 vergebens, Josef Schlarmann, der Chef der Mittelstandsvereinigung, und Kurt Lauk, der Vorsitzende des Wirtschaftsrates, erlauben sich zwar den Luxus einer eigenen Meinung, doch beide gehören weder dem engsten Führungszirkel noch der Bundestagsfraktion an, sind Außenseiter ohne Einfluss. Das gilt auch für den Chef des Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann. Die einst so kraftvollen Flügel der CDU sind lahm geworden.
Die Profillosigkeit im Bund könnte sich die Partei mit Blick auf das Regierungsgeschäft erlauben, hätte sie in den Ländern als Ausgleich starke Ministerpräsidenten. Doch auch diese sind abhandengekommen. Die beiden größten und einflussreichsten Landesverbände in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sind nach bitteren Wahlniederlagen ausschließlich mit sich selbst beschäftigt und müssen sich erst einmal neu aufstellen. Starke Landesverbände waren seit jeher eine Quelle der Erneuerung, sie droht nun zu versiegen.
Die CDU ist dabei, zur One-Woman-Show zu werden, mit einer alles dominierenden Kanzlerin, ohne starke Mitstreiter mit eigenem Profil, ohne Korrektiv. Noch überstrahlen das Ansehen und die Beliebtheit Merkels die Probleme der CDU, noch hat sie die besten Chancen, dank ihrer Reputation die nächste Wahl zu gewinnen. Was aber, wenn die Frau an der Spitze weg ist? Dann bleibt nur noch eines übrig – die Leere hinter ihr.